Covid-19:"Wir fangen nicht bei Null an"

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An den Kliniken in der Region ist die Lage trotz zweiter Corona-Welle weiterhin übersichtlich - für den Ernstfall sieht man sich allerorten gerüstet. Die Bevölkerung ist allerdings aufgerufen, die Krankenhäuser zu entlasten

Von Felix Haselsteiner und Konstantin Kaip

Die Corona-Zahlen, die das Tölzer Landratsamt am Donnerstagnachmittag bekanntgegeben hat, zeigen, dass die Lage im Landkreis zwar ernst zu nehmen ist, aber keineswegs besorgniserregend. Auch wegen dieser Zahlen herrscht an den Krankenhäusern im Landkreis weiterhin Ruhe vor. Man sei "fokussiert und auf einen möglichen weiteren Anstieg von stationären Covid-19-Fällen vorbereitet", teilt etwa die Asklepios-Klinik in Bad Tölz mit. Von den 14 Betten auf der Intensivstation seien aktuell sechs belegt, was angesichts des weiterhin weitestgehend normal laufenden Operationsbetriebs eine normale Zahl sei. Den OP-Betrieb wolle man auch weiterhin aufrecht erhalten, denn anders als bei der ersten Welle hat es der Freistaat den Krankenhäusern nun je nach Kapazitäten freigestellt, ob sie planbare Eingriffe weiter vornehmen wollen. "Wir beobachten die Entwicklung sehr genau", heißt es aus dem Tölzer Klinikum. Allerdings: "Auch in Zeiten von Covid-19 sollten die Untersuchungen und Behandlungen für andere Erkrankungen nicht aufgeschoben werden."

Darüber hinaus könne man in dem Tölzer Krankenhaus auf die Kapazitäten zurückgreifen, die man im März und April bereits geschaffen hat: Damals wurden zusätzliche Beatmungsgeräte angeschafft, die nun kurzfristig einsatzbereit seien. Begrüßt wird auch die nun wieder eingeführte, enge Zusammenarbeit mit den umliegenden Krankenhäusern. Als "Ärztlicher Leiter Krankenhauskoordination" wurde wie schon im Frühjahr Martin Dotzer vom Klinikum in Murnau einberufen, der sich nun um die gemeinsame Absprache aller Hospitäler kümmern soll. Dotzer stellte am Donnerstag umgehend klar, dass derzeit keines der Krankenhäuser in den drei Landkreisen Weilheim-Schongau, Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz-Wolfratshausen, für die er zuständig ist, überlastet sei: "Weder im Frühjahr noch jetzt" habe man einen Engpass gehabt, im Gegenteil: "Wir haben noch Luft."

Im Frühjahr, als die erste Corona-Welle über die Region schwappte, waren die umliegenden Krankenhäuser zwar gut ausgelastet, aber nicht überlastet. Nun steigen die Zahlen wieder rasant an, die Kliniken sehen sich jedoch gewappnet, auch durch die erneute Einrichtung einer zentralen Koordination. (Foto: Daniel Cole/dpa)

Die Einrichtung einer zentralen Koordination begrüßt man auch im Klinikum Penzberg: "Ich halte das für sehr sinnig", sagt Chefarzt Florian Brändle: "Wir haben in der damaligen Phase viel gelernt." Man könne auf bestehende Strukturen zurückgreifen und "auf Pläne, die man damals erarbeitet hat". Anders als im März steht für Brändle fest: "Wir fangen nicht bei Null an." Auch in der Penzberger Klinik ist die Lage weiterhin ruhig, die Trennung der Stationen - einmal für Covid-19-Patienten, einmal für normale Fälle - funktioniere gut: "Dadurch können wir den Krankenhausbetrieb aufrechterhalten." Bei steigenden Fallzahlen würde man aber auch OPs absagen: "Da müssen wir von Tag zu Tag entscheiden, wie wir weiter vorgehen", sagt Brändle.

In Penzberg liegen derzeit (Stand Donnerstag) fünf Covid-19-Patienten auf der Normalstation, an der Kreisklinik in Wolfratshausen werden sieben Patienten mit Corona behandelt, einer davon muss beatmet werden. "Die Entwicklung der Covid-Fälle ist leicht ansteigend", erklärt Geschäftsführer Ingo Kühn. Er geht davon aus, dass die Lage noch ernster wird als im Frühjahr. "Im Vergleich zur ersten Corona-Welle im März und April dieses Jahres erwarten wir mehr Covid-Patienten", sagt er. Auch in Wolfratshausen werden jedoch Operationen im Normalbetrieb durchgeführt. "Derzeit können alle Notfallversorgungen und geplanten Operationen durchgeführt werden", sagt der Geschäftsführer. "Sollten die Corona-Fälle jedoch stark ansteigen, würden wir nicht dringliche Operationen verschieben."

Die Kreisklinik verfügt über zwei Intensivstationen mit 14 Intensivbetten. "Die aktuelle Belegung entspricht dem üblichen Rahmen", sagt Kühn. Wegen der Spezialabteilung für Weaning - der schrittweisen Entwöhnung für Beatmungspatienten - liege die durchschnittliche Auslastung dort bei 85 bis 90 Prozent, erklärt Kühn. Im Katastrophenfall könne die Kreisklinik die Intensivkapazität jedoch "technisch erweitern". Wegen der Weaning-Station verfügt die Klinik über insgesamt 14 Beatmungsgeräte und das entsprechende Fachpersonal, um auch schwere Beatmungsfälle zu behandeln. Im Katastrophenfall müsse für die Patientenversorgung jedoch auch Personal aus anderen Bereichen, wie etwa der Anästhesie, abgezogen werden.

Besucher sind in der Kreisklinik seit Montag nicht mehr zugelassen. Ausnahmen können für Patienten der Palliativstation, der Intensivstation sowie für Demenzkranke gemacht werden - nach telefonischer Absprache. In Sachen Ausrüstung ist die Klinik am Moosbauerweg noch gut aufgestellt, wie Kühn sagt. "Wir haben derzeit ausreichend Desinfektionsmittel sowie Schutzkleidung vorrätig."

Die Bevölkerung könne im Übrigen die Kliniken unterstützen: "Wenn jemand sich nicht wohlfühlt und ein Verdacht auf Corona besteht, sollte man am besten erst den Hausarzt aufsuchen", sagt der Penzberger Chefarzt Brändle. Die Krankenhäuser könnte man so entlasten, denn: Symptome einschätzen und Tests durchführen könne man im ambulanten Bereich auch gut.

© SZ vom 06.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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