BRK-Kreisgeschäftsführer Hans Eberl:"Der Staat drückt sich, wo er kann"

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Der scheidende BRK-Kreisgeschäftsführer spricht im SZ-Interview über Burn-Out, finanzielle Mängel und fehlende Zivildienstleistende.

Klaus Schieder

Mit dem Abschied von Hans Eberl geht beim Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes eine kleine Ära zu Ende. Der Tölzer arbeitete seit 13 Jahren hauptberuflich für das BRK, seit 2000 war er Kreisgeschäftsführer. Er ist seit seinem zehnten Lebensjahr für das Rote Kreuz tätig, mit 14 übernahm er die erste Funktion als Jugendgruppenleiter. Offiziell scheidet er am 1. März 2011 aus, sein Nachfolger Andreas Schäfer hat seine Arbeit schon am 1. Januar aufgenommen. Über die Gründe für seinen Rückzug und über die Situation des BRK-Kreisverbandes sprach er mit der SZ.

Scheidet zum 1. März aus dem Amt: BRK-Kreisgeschäftsführer Hans Eberl. (Foto: WOR)

Süddeutsche Zeitung: Herr Eberl, Sie haben gesagt, dass Sie sich nach zehn Jahren als Kreisgeschäftsführer des BRK "ausgelaugt" fühlen. Warum?

Hans Eberl: Die Gründe liegen primär in meiner Person, in meinem Empfinden. Ich war mit allen Themen befasst, die ein Betrieb dieser Größe hat. Mit 160 hauptberuflichen Mitarbeitern und dem Umsatzvolumen, das wir haben, ist das Rote Kreuz im Landkreis ein mittelständischer Betrieb. Da geht es zum einen um all die Themen, die mit dem Betrieb zusammenhängen, dann geht es zum anderen um die Themen Gesundheit und Sozialwesen, bei denen wir immer irgendwo dabei sind, und es geht zum dritten um den Verband des Roten Kreuzes, um die überregionalen Geschichten. Mir persönlich ist dies am Ende doch zu viel geworden, und ich habe gesagt, es geht nicht mehr.

SZ: Hat Sie die Arbeit als BRK-Kreisgeschäftsführer denn gesundheitlich beeinträchtigt?

Eberl: Noch nicht. Ich habe noch kein Burn-out-Syndrom. Aber ich habe das gesundheitliche Risiko gesehen, wenn ich weitermachen würde.

SZ: Wie schlimm war es finanziell um den BRK-Kreisverband bestellt, als Sie 2000 als Kreisgeschäftsführer begannen?

Eberl: Damals, zu Beginn meiner Amtszeit, war das Rote Kreuz im Landkreis wirtschaftlich nicht so gut aufgestellt wie heute. Es gab einiges an Altlasten aufzuarbeiten. Alles kam damals auf den Prüfstand, überall wurde nachgearbeitet. Zum Beispiel haben wir Verträge nachverhandelt. Wir mussten uns konsolidieren. In den vergangenen zehn Jahren sind wir vom Umsatzvolumen her gewachsen, die Zahl der Kunden im Sozialbereich hat sich verdoppelt. Was den Hausnotruf betrifft, haben wir derzeit knapp 600 Kunden, früher waren es 250. Und wir bauten neue Tätigkeitsfelder auf, zum Beispiel den Fahrdienst.

SZ: Im Gegensatz zu den Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis hat es das Rote Kreuz schwerer ...

Eberl: Wenn es um den Bereich der ehrenamtlichen Einsatzdienste geht, dann ja! Das hängt an der Grundkonstellation: Die Feuerwehren sind im Kommunalrecht verankert, wenn sie etwas brauchen, ist das von den Kommunen zu finanzieren, die ja auch etwa für den Brandschutz zuständig sind. Das Rote Kreuz ist im Katastrophenschutz tätig - und der Staat drückt sich halt, wo er kann. Wir müssen eben schauen, wie wir mit unseren Fahrzeugen und unserem Einsatzgerät "up to date" bleiben. Das geschieht kaum mit öffentlichen Geldern. Sehr viel, nahezu alles wird mit Unterstützung der Bevölkerung finanziert. Wenn wir ein neues Auto brauchen, müssen wir sehen, dass wir Spenden bekommen. Auch von Firmen oder von Fördermitgliedern.

SZ: Und das ist mühselig?

Eberl: Ja, natürlich.

SZ: Wie stark trifft das Rote Kreuz die Aussetzung der Wehrpflicht, mit der auch die Zivildienstleistenden wegfallen?

Eberl: Das ist ein Thema, das uns in den letzten zehn Jahren viel beschäftigt hat, weil es verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen gab. Der Zivildienst ist seit Ende der neunziger Jahre immer wieder verkürzt worden. Zunächst haben wir versucht, das mit den damaligen 630-Mark-Kräften zu kompensieren. Aber kurz darauf war die Situation so, dass diese alles voll versteuern mussten - so wollte niemand mehr in dieser Regelung arbeiten. Nach den immer wieder erfolgten Kürzungen geht es jetzt ganz gen Null.

Früher hatten wir 16 Zivis nur im Rettungsdienst, die anfangs für zwei Jahre kamen, künftig haben wir gar keinen mehr. In die jungen Leute muss man ja investieren, sie müssen auf Lehrgänge und können nicht einfach im Rettungsdienst mitfahren. Da gibt es vorher eine dreimonatige Ausbildung, und bei zuletzt nur noch sechs Monaten bleibt da nicht viel Zeit.

SZ: Welche Folgen hat der Verlust der Zivis für den Kreisverband?

Eberl: Sehr viele von den jungen Menschen konnten wir für ein ehrenamtliches Engagement gewinnen. Viele haben gesagt: Na ja, da bleibe ich noch ein wenig. Von den Zivis, zum Beispiel in Altenheimen, sind nicht wenige dabei geblieben und haben dort ihren Beruf gefunden, bei uns etwa im Rettungsdienst. Aber diese Nachschubquelle für die ehrenamtlichen Kräfte versiegt. Das hat die hohe Politik nicht ausreichend bedacht.

SZ: Wie will das Rote Kreuz jetzt an Nachwuchs kommen?

Eberl: Das ist schwierig. Wie das im Rettungsdienst gehen soll, darüber sind wir uns noch nicht im Klaren. Vielleicht bleibt der eine oder andere im Freiwilligen Sozialen Jahr. Aber das ist keine Kalkulations- und Planungsgrundlage. Doch es ist uns in den vergangenen zehn Jahre immer wieder passiert, dass wir diese Grundlage nicht hatten.

SZ: Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger Andreas Schäfer?

Eberl: Kraft. Viel Kraft und Engagement.

SZ: Bleiben Sie dem Roten Kreuz verbunden?

Eberl: Ja, natürlich. Ich war dem Roten Kreuz mein ganzes Leben lang verbunden, aber jetzt zum ersten Mal nicht in irgendeiner leitenden Funktion.

© SZ vom 08.01./09.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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