Wolfratshausen:Schnelle Hilfe nach dem Brand

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Bei dem Feuer am Mittwoch in der Wolfratshauser Altstadt sind vier Männer obdachlos geworden. Auf der Straße sitzen sie aber nicht - dank Ines Lobenstein von der Wohnungslosenhilfe und dem Humplbräu-Wirt Otmar Fagner.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Es ist zwei Mitarbeitern der Sicherheitswacht zu verdanken, dass der Brand am Mittwoch in der Wolfratshauser Altstadt verhältnismäßig glimpfliche Auswirkungen hatte. Sie sahen Flammen und Rauch aus dem Haus am Obermarkt aufsteigen und alarmierten die Feuerwehr, die mit einem Großaufgebot ausrückte, die Bewohner retten und das Feuer unter Kontrolle bringen konnte. Die Dachgeschosswohnung in den oberen beiden Stockwerken ist jedoch völlig ausgebrannt. Nicht nur die drei Männer, die dort lebten, haben ihr Obdach verloren, auch die Wohnung darunter hat das Löschwasser zerstört. Auf der Straße sitzen muss aber niemand. Das wiederum ist dem schnellen, unbürokratischen Engagement der Protagonisten in den umliegenden Einrichtungen zu verdanken.

Ines Lobenstein, die die wenige Meter entfernte Caritas-Obdachlosenhilfe leitet, ging auf die Straße, nachdem sie die Sirenen gehört und den Auflauf der Feuerwehr gesehen hatte. "Ich habe mir gedacht: Wenn Menschen betroffen sind, ist das mein Job", sagt sie. Die Feuerwehr hatte die drei Bewohner, die Rauchvergiftungen erlitten, über Leitern gerettet und den Mann aus der darunterliegenden Wohnung übers Treppenhaus in Sicherheit gebracht. Für den 74-Jährigen fand Lobenstein schnell eine Bleibe: Er bekam ein Zimmer im Hotel Humplbräu. Wirt Otmar Fagner zögerte nicht mit der Zusage. "Da muss man schon zusammenhalten", sagt er. "Der steht ja sonst auf der Straße." Ermöglicht hat das auch Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), der die Erlaubnis gegeben hat. Schließlich gilt wegen Corona ein Beherbergungsverbot. "Das ist ein Notfall", sagt der Bürgermeister. Er müsse das zwar noch mit dem Gesundheitsamt absprechen, "aber da halte ich meine Hand drüber". Laut Lobenstein ist noch unklar, ob der Mann, der bei seiner Rettung nur Pantoffeln trug und vom Schuhhaus Meiler neue Schuhe geschenkt bekam, wieder zurück in seine Wohnung kann oder etwas Neues suchen muss. Für den Witwer sei die Lage schrecklich. "Er war nach dem Tod seiner Frau gerade erst umgezogen und hatte sich schön eingerichtet."

Ein Dach über dem Kopf haben auch die drei Männer, deren Wohnung ausgebrannt ist. Der jüngste von ihnen sei vorerst bei seinen Eltern untergekommen, sagt Lobenstein. Sie habe dem 26-Jährigen etwas Geld und Kleidung gegeben. Die Mitbewohner, ein 64-Jähriger und ein Mann in den Vierzigern, waren am Donnerstag noch im Krankenhaus, sollten aber nachmittags entlassen werden. Sie bekommen Zimmer in einer Obdachlosenunterkunft.

Lobenstein hat am Mittwoch in den Sozialen Netzwerken auf die Not der Betroffenen aufmerksam gemacht - und sofort zahlreiche Reaktionen und Anrufe bekommen. Obwohl sie erklärt habe, sie müsse erst eruieren, welche Dinge gebraucht würden, hätten am Abend viele Kisten mit Kleiderspenden vor ihrer Haustür gestanden, sagt sie. "Die werden wir jetzt verteilen." Von weiteren Sachspenden bittet sie erst einmal abzusehen. Wer aber Geld spenden wolle, könne das gerne tun. "In Situationen wie diesen sieht man, dass es gut ist, wenn wir für die Obdachlosenhilfe einen Puffer haben", sagt Lobenstein.

Die Brandursache ist bisher ungeklärt. Laut dem Polizeipräsidium Oberbayern-Süd läuft die Spurensicherung der Kripo noch. Der Schaden am Haus, in dem sich auch eine HNO-Praxis befindet, muss noch eruiert werden. Laut Heilinglechner beträgt er aber "mehrere Hunderttausend Euro". Bei dem Einsatz am Mittwoch hat sich auch ein Feuerwehrmann leicht verletzt. Er musste mit Verbrennungen ins Krankenhaus, wo er noch behandelt wird. Er sei aber auf dem Weg der Besserung, sagt der Bürgermeister.

Lobenstein ist vor allem froh, dass niemand schwer verletzt wurde. "So schlimm es auch ist - es ist ganz gut ausgegangen", sagt sie. Die schnelle Hilfe für die Betroffenen führt sie einerseits auf ihr Netzwerk zurück, das sie sich in den bald 20 Jahren ihrer Tätigkeit in Wolfratshausen aufgebaut hat. "Es gibt viele Leute, die ich anrufen darf und die immer reagieren." Andererseits gebe es auch eine "Riesen-Solidarität" in der Stadt, die sie immer wieder bei Notfällen erlebe. "Da sieht man, dass die Menschlichkeit nicht verloren gegangen ist. Das beruhigt mich."

© SZ vom 04.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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