"Begegnungen" in Sankt Michael Wolfratshausen:Steigenbergeresk

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Seit Jahrzehnten begleitet Karl Valentin den Kabarettisten, Autor und Schauspieler Claus Steigenberger durchs Leben. Ungefragt. Nun ist es Zeit für eine ernsthafte Auseinandersetzung

Von Stephanie Schwaderer, Wolfratshausen

Beide sind sie lang und dünn, auf eigenwillige Art sperrig und sehr bayerisch. Allein wegen dieser Ähnlichkeiten blickt Claus Steigenberger schon auf eine leidige Geschichte mit Karl Valentin zurück. "Wann immer ich auf der Bühne stand, haben Kritiker das Valentineske an mir hervorgehoben", klagt der 60-jährige Wolfratshauser. Zuletzt sei bei den Proben zum Nockherberg-Singspiel, bei dem er einen Totengräber mimte, ein Kollege auf ihn zugestürmt mit dem Satz "Wie der Valentin!" auf den Lippen. Den habe er aber nur bis zum "Wie" kommen lassen, erzählt er. "Ich habe gesagt: Sag es nicht!" Tatsächlich sei er nämlich der Steigenberger und nicht der Valentin, und als Steigenberger wolle er sein "eigenes Ding" machen. Sein neuestes Ding ist nun aber: ein Karl-Valentin-Programm.

Die Idee dazu hatte der Wolfratshauser Pfarrer und Kulturveranstalter Florian Gruber. Bei der Themensuche für seine Reihe "Begegnungen", zu der er montags in die evangelische Kirche Sankt Michael einlädt, stieß er auf den berühmten Münchner Komiker und Volkssänger, dessen Todestag sich im Februar zum siebzigsten Mal jährte. Steigenberger, der im Vorjahr für die "Begegnungen" bereits eine musikalische Lesung zu Oscar Maria Grafs fünfzigstem Todestag konzipiert hatte, fand spontan Gefallen an der Idee und erklärte sich bereit, etwas vorzubereiten. "Leichtfertig", wie er nun sagt.

"Natürlich hätte ich es mir einfach machen können und fünf, sechs Nummern raussuchen", erklärt er. Aber dann wäre er halt auch nicht der Steigenberger. Stattdessen hat er sich in die Materie hineingekniet, Biografien gewälzt, sich mit dem Archivar des "Valentin Karlstadt Musäums" in München getroffen, in Akten und Briefen geblättert - und immer mehr gestaunt, "was für ein breites Feld das ist, was für ein unglaublich fleißiger Mensch das gewesen ist". Schnell habe er erkannt, dass er Valentin weder als Mensch noch als Künstler in einem einstündigen Programm gerecht werden könne. Deshalb wird er "Schlaglichter" auf sein Werk und Leben werfen, ein paar Texte lesen, aber auch Stimmen über ihn zu Wort kommen lassen, aus Briefen zitieren und aus seinem Leben erzählen.

Eine Ausnahmeerscheinung sei Valentin schon als Kind gewesen, erzählt Steigenberger. 15 Instrumente habe er sich autodidaktisch beigebracht. Auch auf der Bühne habe er sein musikalisches Talent voll ausgelebt. Ein bekanntes Zeugnis davon ist der Kurzfilm "Orchesterprobe". Als musikalische Verstärkung bringt Steigenberger deshalb den Klarinettisten Heini Zapf ins Gemeindehaus mit. "Ohne Musik geht das gar nicht."

Weitere Schlaglichter beleuchten Valentins Solovorträge, mit denen er zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Literat und Komödiant berühmt wurde, seine Tätigkeit als Unternehmer, seinen Mut und Entdeckergeist als Filmpionier und seine Akribie als Foto-Archivar. Und natürlich geht es um sein vielschichtiges Verhältnis zu Liesl Karlstadt, die nicht nur einen Großteil seiner Stücke mitverfasst hat. "Die beiden haben einander extrem geprägt und beeinflusst", sagt Steigenberger. "Trotzdem hat sie immer in seinem Schatten gestanden."

Am Montag stellt der Autor und Schauspieler Claus Steigenberger sein Karl-Valentin Programm in der Reihe "Begegnungen" vor. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auch die Probleme und Tiefschläge der beiden wird er beleuchten, ebenso wie das traurige Ende ihrer Geschichte. Viel Stoff und Mühe also für eine einmalige Lesung. "Das alles könnte man noch viel perfekter machen", sagt Steigenberger, der als Schauspieler und Sprachcoach beim Bayerischen Rundfunk arbeitet. Tatsächlich spiele er mit dem Gedanken, dieses Programm etwas auszubauen. Fest stehe jedoch jetzt schon, dass dies ein schwieriges Unterfangen werde. "Denn eines darfst du dabei ganz sicher nicht", sagt er: "Den Valentin imitieren!" Das würde fraglos furchtbar werden. Stattdessen müsse er, Steigenberger, die Texte so lesen, als ob er nicht wüsste, dass sie von ihm, also Valentin, sind. Das klingt vertrackt. Fast schon valentinesk.

Montag, 9. April, 15 Uhr, Sankt Michael, Gemeindesaal, Bahnhofstraße 2, Wolfratshausen

© SZ vom 05.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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