Befreiendes Lachen im Elend:Magische Clownerien

Lesezeit: 2 min

Walter Steffens neuer Dokumentarfilm "Joy in Iran" gehört zu seinen berührendsten Werken

Von Gerhard Summer, Starnberg

Diese Dokumentation hat eine lange Vorgeschichte, Walter Steffen und Susie Wimmer erzählen sie in diesen Tagen oft. Seit vergangenem Donnerstag läuft "Joy in Iran", der neue Film des Seeshaupter Regisseurs, in den bayerischen Kinos. Gemeinsam mit der Protagonistin des Films, der Weilheimer Clownin Susie Wimmer, stellt er ihn allerorts vor. Zur Premiere in München kamen 300 Besucher. In Dießen war der Saal immerhin noch halb voll. Und am Donnerstag in Starnberg? Gerade mal ein Dutzend Zuschauer kamen. Vielleicht kann der Starnberger mit Iran und Freude nicht so viel anfangen.

Filmemacher Walter Steffen und Clownin Susie Wimmer touren derzeit durch Bayern, um den Film vorzustellen. (Foto: Nila Thiel)

Ein Jammer, denn "Joy in Iran" ist zwar ein wenig zu lang geraten, gehört aber zu den berührendsten Arbeiten des Filmemachers und ist auf mehreren Ebenen reizvoll. Denn Steffen stellt zum einen die Arbeit der "Clowns ohne Grenzen" vor, die auch in Rumänien, der Ukraine, in Georgien, Indien, Nepal, dem Iran, in Peru und Russland wirken und ein wenig Licht in Heime, Kliniken und Flüchtlingscamps bringen, an Plätze also, wo das Glück so gut wie nie an der Tür klopft. Er zeigt zum anderen Bilder von einem seit Jahrzehnten "dämonisierten Land", wie Steffen sagt, die man sonst kaum zu sehen bekommt: menschenleere Straßen, geduckte Barackensiedlungen und karge Geschäfte, als Kontrast dazu die Pracht des Imām-Reza-Schreins in Maschhad und immer wieder freundliche und offene Gesichter von Frauen und Männern, die den Clowns begegnen.

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Nebenbei führt der Regisseur vor, wie unwichtig Technik ist, wenn das Thema des Films Gewicht hat: Steffen war nur mit einer kleinen Handkamera im Iran unterwegs. Und schließlich ist auch die Filmmusik samt großem Schlusssong ein Glücksfall. Wolfgang Obrecht, der Lebensgefährte von Clwinin Susie Wimmer hat sie mit persischen Musikern eingespielt.

"Joy in Iran" führt überzeugend vor, welche Magie kleine Clownerien entwickeln können, wie befreiend Lachen ist, wie viel Kraft Umarmungen und Berührungen geben, gerade wenn das Elend groß ist. Mit am eindringlichsten sind die Szenen in einem Heim für geistig behinderte Kinder und Erwachsene. Das ist fast schon zum Heulen: wenn ältere Frauen plötzlich tanzen und die Augen der Jugendlichen, die auch körperlich entstellt sind und in armseligen Gitterbetten liegen, zu leuchten beginnen, sobald sich die Clowns zu ihnen herunterbeugen. Als die Truppe mit ihrem Tourguide Reza Abedini, der am Ende für Andreas Schock einspringt und selber als Clown auftritt, von einem Lager für afghanische Flüchtlinge losfährt, läuft ein autistischer Junge, ein Zahlengenie, dem Auto hinterher. Erst rätselt man noch, was er will, bis klar wird: Es ist die Art des Jungen, sich von den Clowns zu verabschieden, genauer noch: Er will sie gar nicht mehr hergeben.

Nach der Vorstellung reden Steffen, Wimmer und Obrecht noch lange mit den Besuchern. Der Regisseur erzählt von den Schwierigkeiten der Produktion und davon, dass ihn der Cutter Steffen Mühlstein in seinem Projekt bestärkt und letztlich gerettet habe, dass auch Tonmeister Benedikt Mühle alles aus dem Material herausgeholt habe. Eine der wichtigsten Botschaften war allerdings schon in der Dokumentation zu hören. Susie Wimmer spricht davon, dass sie bei ihren Reisen in den Iran auch eine Entwicklung wahrgenommen habe: Das Kopftuch der Frauen rutsche immer weiter nach hinten, sagte sie, "die schaffen das".

© SZ vom 21.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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