Bayerisches Rotes Kreuz:Secondhand im neuen Ambiente

Lesezeit: 2 min

Patricia Zeisner hinter der neuen, geschwungenen Theke im Geretsrieder Kleidermarkt. Sie begreift den Laden auch als Beitrag zum Umweltschutz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Geretsrieder Kleidermarkt bietet nach der Renovierung Waren für alle an

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Der Geretsrieder Kleidermarkt zeigt sich im neuen Gewand: Der Innenraum trägt nicht mehr Gelb, sondern ein warmes Terrakotta, auf dem geschwungenen Verkaufstresen funkeln Halsketten, in der Bücherecke lädt ein Tisch zum Verweilen ein. Patricia Zeisner, Leiterin der BRK-Kleidermärkte in Geretsried und Wolfratshausen, hat das Geschäft in der Jeschkenstraße am Montag nach zweiwöchiger Renovierungspause wieder aufgeschlossen. Ihr Ziel: Den Menschen vermitteln, dass nicht nur finanziell schwache Bürger als Kunden willkommen sind.

Vier BRK-Kleidermärkte gibt es im Landkreis, neben dem in Geretsried noch einen für Damenmode in Wolfratshausen und zwei im Süden. Auch der Wolfratshauser Markt wird renoviert. Dort ist von Mittwoch an Ausverkauf, in der kommenden Woche wird umgebaut.

Der Geretsrieder ist der größte der Märkte, weil er nicht nur Secondhand-Kleidung anbietet. Auf rund 1000 Quadratmetern auf zwei Stockwerken finden sich auch Haushaltswaren, Bücher, Schränke, Dekoartikel, Schallplatten, Geschirr, Brett- und Computerspiele. Im Untergeschoss können sich Kinder mit Spielzeug, Stofftieren und Büchern beschäftigen, während sich ihre Eltern umsehen. Anfassen ausdrücklich erlaubt, sagt Zeisner. Schon immer beliebt gewesen sei der Kaffeeausschank, weshalb es im neu gestalteten Kleidermarkt wieder einen gebe, mit Bücherecke. Kunden sind nicht gezwungen, sich sofort für ein Buch zu entscheiden, sie können sich auch im Laden in Ruhe durch die große Auswahl unterschiedlicher Genres lesen.

Secondhand, das setzen viele gleich mit minderwertig - zu Unrecht, wie Zeisner findet. Das BRK erfülle mit seinen Kleidermärkten auch ein Anliegen des Umweltschutzes. Denn Kleidung, Geschirr oder Bücher seien nicht zwangsläufig reif für die Tonne, nur weil sie dem Besitzer nicht mehr gefielen. Was wiederverkauft werden könne, bekomme ein zweites Leben.

Wer im Kleidermarkt einkaufen will, muss keine SozialCard besitzen oder Geringverdiener sein, betont Zeisner. Die Einnahmen fließen in die sozialen Projekte des Roten Kreuzes, ganz egal, wer die Waren gekauft hat. Auch könne man den Geringverdienern mit einem Einkauf nichts wegnehmen, schließlich seien die Lager gut gefüllt. Lediglich an Mode für schlanke Männer - also etwa die Größen S und M - mangele es. Auch lohne es sich, die eigene Wahrnehmung öfters zu hinterfragen: "Es kommen immer wieder Leute, die uns Kleidung bringen und sagen, das sei alles nichts Besonderes. Und dann öffnen wir den Koffer und alles sieht aus wie neu", berichtet Zeisner. Bei Spendern, die ihr Angebot in den höchsten Tönen lobten, sei man indes skeptisch geworden. Das sei meistens nichts: "Manchmal flattert oder krabbelt einem da auch etwas entgegen."

Im Schnitt alle zwei Wochen werden Kisten oder Tüten voller Ramsch einfach vor dem Kleidermarkt abgestellt, fast immer mit dabei: große Röhrenfernseher, von denen die Spender Zeisners Vermutung nach eigentlich wissen, dass sie nicht angenommen werden. Oft müsse ihr Team die Woche mit Aufräumen beginnen müsse, sagt Zeisner. In Geretsried wird das Team von zwölf Langzeitarbeitslosen unterstützt, die beim BRK sechs bis neun Monate dauernde Wiedereingliederungsmaßnahmen absolvieren. Das bedeutet: Pünktlich zur Arbeit erscheinen und auch Anweisungen von Vorgesetzten annehmen - nicht für jeden eine leichte Angelegenheit. Die Mitarbeit dient etwa als Vorbereitung für eine Tätigkeit im Einzelhandel.

Die kuriosesten Spenden will Zeisner sammeln und in einer Ausstellung zeigen. Ein Exponat hat sie bereits: ein uraltes Mikroskop. In die Ausstellung geschafft hätten es wohl auch zwei Silikoneinlagen für BHs, "Brustimplantate", wie Zeisner scherzt. Die aber wurden bereits im vergangenen Jahr gespendet und sogar schon wieder verkauft.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: