"Baroque & Barbecue" in Wolfratshausen:Ein Orchester aus vier Hörnern

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Als unbestrittene Meister ihres Instruments erwiesen sich die vier Musiker von "German Hornsound". (Foto: Hartmut Pöstges)

Mal barock-virtuos, mal witzig-jazzig: Die vier Musiker der Formation "German Hornsound" lassen in der Loisachhalle mit Arrangements von Händel-Arien über Piazolla-Tangos bis zum Filmmusik-Medley selten den Originalklang vermissen

Von Sabine Näher, Wolfratshausen

Vermutlich war das Grillwetter schuld. Statt auf "Baroque & Barbecue" hatten wohl Viele ausschließlich Lust auf letzteres, und zwar im heimischen Garten anstatt in der Loisachhalle. So war diese am Samstagabend nur zu knapp Zweidritteln gefüllt, obwohl ein besonderes Konzert geboten wurde. Hinter German Hornsound verbirgt sich die seltene Formation eines Hornquartetts, die mit Meistern ihres Fachs besetzt ist. Kennengelernt haben sich die vier Musiker im Studium an der Stuttgarter Musikhochschule; mittlerweile haben sie Solopositionen in Orchestern quer durch die Republik. Umso schöner, dass das 2010 gegründete Ensemble nun so viele Konzertverpflichtungen hat. "Wir sehen einander häufiger als unsere Ehefrauen", erklärte Christoph Eß. "Was manchmal zu Schwierigkeiten führt ... "

Der Solohornist der Bamberger Symphoniker führte auf angenehme Art durchs Programm und erläuterte Wissenswertes, ohne anbiedernd zu wirken. Seine Kollegen Sebastian Schorr, Stephan Schottstädt und Timo Steininger überließen ihm gerne das Wort. Originalliteratur für Hornquartett sei nur in der Romantik und der Moderne entstanden, erzählt Eß. Da sie die Barockmusik aber so gerne mögen, haben die Hornisten selber Arrangements geschrieben oder schreiben lassen. Diesen ist der erste Konzertteil gewidmet. Eine Suite aus Händels "Wasser- und Feuermusik" macht mit betörendem Sound den Anfang: blitzsauber, mit warmem, runden Klang, differenzierter Gestaltung und einer mühelos wirkenden Virtuosität. Aus Alessandro Marcellos Oboenkonzert d-Moll folgt das Adagio. Ein gelungenes Arrangement von Eß mit einem wunderbar subtil aufspielenden Solohorn, während die übrigen drei Herren das Orchester darstellen. Telemanns Concerto für vier Hörner bringt atemberaubend schnelle Läufe im virtuosen Allegro, ein mit Ruhe ausmusiziertes, getragenes Adagio und ein quirliges Allegro zum Beschluss. Nicht ganz so glücklich macht das Duett "Stabat mater dolorosa" von Giovanni Battista Pergolesi. Hier vermisst zumindest der Liebhaber der Vokalmusik eindeutig die Stimmen von Sopran und Alt. Erstaunlicherweise wirkt die folgende Arie "Lascia ch'io pianga" aus Händels "Rinaldo" gar nicht defizitär, obwohl auch hier der Gesang fehlt. An den Fähigkeiten des Arrangeurs kann es nicht liegen, denn beides stammt von Stephan Schottstädt. Ein Ensemble, das seine CD's beim Leipziger Label Genuin produziert, muss natürlich ein Werk von Johann Sebastian Bach dabei haben. Und so verabschiedet dessen Allegro aus dem 2. Brandenburgischen Konzert das Publikum mit allem barocken Glanz in die Pause.

Nach einer halben Stunde sind musikhistorisch mal eben 300 Jahre vergangen. Mit "Drei Tangos" von Astor Piazzolla erklingt nun sinnlich Laszives, aufloderndes Feuer, das aber eine Spur zu beherrscht brennt. Piazzolla steht rückhaltlose Leidenschaft gut an. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Herren sich zum "Barbecue" nicht umgekleidet haben, sondern wie zuvor im klassisch-strengen Konzertoutfit mit grau-weiß gestreiftem Frack erschienen sind. Sie seien in der Pause gefragt worden, ob sie wirklich alle das gleiche Instrument spielten, erzählte Eß. Dem sei so, allerdings spezialisiere man sich schon im Studium darauf, ob man sich eher in den höheren oder tieferen Regionen wohl fühle. "Und so haben auch wir zwei hohe und zwei tiefe Hörner, ganz wie im Orchester."

Diese wenden sich nun erstmals Originalliteratur für Hornquartett zu. Das "Ameriacana" betitelte Quartett des 1960 geborenen Komponisten Kerry Turner ist eine Hommage an den Wilden Westen, einschließlich Pferdegetrappel. Ebenfalls US-Amerikaner ist Lowell Shaw, der mit "Drei Fripperies" witzige, jazzige Nummern beisteuert - eine Farbe, die den Abend bereichert. Ein Auftragswerk als Schlussnummer: "Best of James Bond". Zuvor plauderte Eß aber noch ein wenig aus dem Nähkästchen und erklärte, was die Hornisten da eigentlich mit der rechten Hand im Schalltrichter anstellen: "Sie dämpft ganz schlicht den Klang, macht ihn lyrischer." Das Filmmusik-Medley kann die bombastische Wirkung, die hier angestrebt ist, dann leider nicht ganz realisieren.

Langer, heftiger Beifall - und noch ein espritvoller Tango von Piazzolla als Rausschmeißer.

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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