Musik im Oberland:Die Grätchenfrage

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Die "Bananafishbones", hier bei einem Konzert im Kurhaus Bad Tölz, kommen zum Open-Air nach Erdweg. (Foto: Manfred Neubauer)

Die jährlichen Weihnachtskonzerte der "Bananafishbones" im Tölzer Kurhaus sind immer noch so beliebt, dass selbst die Zusatzvorstellungen ausverkauft sind. Es ist die bunte Mischung, die das Publikum anspricht.

Von Quirin Hacker, Bad Tölz

Zugegeben, man kommt auch ohne den 17. Lebkuchen und das 83. Plätzchen gut über den Winter - ein Genuss sind sie trotzdem. Etwas ähnlich verhält es sich mit den zahlreichen Konzerten rund um das Weihnachtsfest, und hier stechen die Auftritte der Bananafishbones noch einmal heraus, mit ihren Traditionskonzerten der anderen Art kurz vor Weihnachten im Tölzer Kurhaus. Was sie ausmachen, sind Vielfalt und große musikalische Varianz, und dem blieben die Tölzer Musiker auch in diesem Jahr treu. Die Gebrüder Horn und Florian Rein nahmen das Publikum erneut mit auf eine Zeitreise durch den Songkatalog und die unterschiedlichsten Genres der Gruppe, während der Schriftzug "Since 1987", zu Deutsch: seit 1987, auf der Bass Drum mit jedem Schlag vibrierte.

Klassiker wie das Lied "Come to Sin" waren ebenso im voll besetzten Kurhaus zu hören wie Techno-Titel der jüngeren Zeit. Die Band gab sich zudem nahbar. Das lag auch an den persönlichen und teils spontanen Anekdoten, die Sebastian Horn zwischen den Liedern zum Besten gab. "Ich bin Mittelmaß und zufrieden damit", scherzte er beispielsweise.

Die Bananafishbones klingen nach mehr als drei Musikern, weil sie technisch einiges auf Lager haben. Aus seiner Gitarre holte Peter Horn per Pedal etwa an diesem Abend noch mindestens sieben weitere elektrische Zupfinstrumente heraus. Schob er seinen Slide - einen kleinen durchsichtigen Kegel - über die Bünde seiner Gitarre, klang das nach Jimi Hendrix. Schlagzeuger Rein hatte ebenfalls technische Unterstützung am Start. Sein Drumpad funktioniert wie ein Keyboard für Schlagzeug. So eröffnete sich die Welt der elektronisch erzeugten Schlagklänge. Doch nicht jeder Song brauchte dieses Extra. Es war auch der alte Fishbones-Sound, nach dem sich das Publikum sehnte.

Selbst die Zusatzkonzerte sind ausverkauft, wenn die Bananafishbones auftreten. (Foto: Manfred Neubauer)

Und Einfallsreichtum können die Fishbones auch ohne elektronische Unterstützung. Die scharfe Außenkante seines Beckens streichelte Rein sachte mit einem Geigenbogen, und schon verwandelte sich der Saal in ein Urzeitmeer. Ein Wal schwamm vorbei, Muscheln klimperten am Grund, das Licht nahm ab. Dann kam der nächste Song, der wieder völlig anders klang.

Die Fishbones gedenken traditionell aber auch jener Musikerinnen und Musiker, die in diesem Jahr gestorben sind. Begleitet von einem wohltemperierten Bass erzählte Sebastian Horn aus ihrem Leben. Der Name fiel erst ganz am Ende. Ein bisschen Rätselraten, wer denn gemeint sei, war Teil des Spiels. Dann ehrten die Fishbones den Künstler mit einem Cover. Das Publikum konnte so unter anderen Randy Meisner von den Eagles, Tina Turner und John Gosling von den Kinks gedenken. Für die beste Stimmung sorgte jedoch "Schöne Maid" von Tony Marshall, der im Februar 2023 gestorben ist. Der plumpe Text des Schlagers vertrieb jede Trauer, und angesichts der Begeisterung im Kurhaus ließen sich die Fishbones hinreißen zu einer Extrarunde des Refrains "Trallala, hopsasa - wer weiß, wie lang das noch geht."

Für musikalische Abwechslung sorgten auch Yinet Rojas Cardona und Leo Meixner von Cuba Boarisch 2.0. Die schrille Kombination aus bayerischen und kubanischen Elementen verbreitete nach dem Gedenken lockere Stimmung. Posaune und kubanische Tres-Gitarre begleiteten die leicht schlüpfrigen Texte. Besonders überzeugten Stimme und Tres-Spiel der in Guantánamo geborenen Cardona.

Viele der Besucher waren eingefleischte Fans und Stammgäste des jährlichen Weihnachtskonzerts. Johannes Salamon aus Ellbach war bereits das neunte Mal in Folge dabei. "Weihnachten ist nicht dasselbe, wenn wir da nicht da waren", sagte er in der Pause. Thomas Schütter aus Geretsried folgt der Band seit mehr als 20 Jahren. Diese spreche ihn an, weil sie "einheimisch und boarisch" sei und dabei für alles offen bleibe. Schütter besuchte das Konzert mit seiner Mutter und Schwester. Die Bananafishbones schaffen es, Menschen über Generationen hinweg anzusprechen - vielleicht auch, weil sie ihren Sound ständig weiterentwickeln.

Zum Schluss spielten sie einen Song, der prima in einen Techno-Club gepasst hätte. Erst ein Lied vorher klang "Vanessa" mit ordentlich Schmalz nach einem gekränkten Teenager-Herz. Da war sie wieder, die Vielfalt, und der Abend wurde zur gelungenen Zeitreise.

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