SZ-Adventskalender:Traum von einer Waschmaschine

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Nach einem harten Leben muss Volker L. mit nur 419 Rente im Monat auskommen.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Einen leichten Start ins Leben hatte Volker L. (Name von der Redaktion geändert) beileibe nicht: Geboren zu Beginn der Sechziger Jahre wurde er sofort nach der Entbindung in ein klösterliches Waisenhaus gebracht. Seine Mutter durfte nicht für ihn sorgen, weil sie erst 15 Jahre alt war. Und der Vater, der Anfang 20 war, musste für die Geburt seines Sohnes gar eine Haftstrafe absitzen. "Das waren eben damals andere Zeiten", sagt Volker L. Kontakt zu seinen leiblichen Eltern hat er auch später nie aufbauen können. Sein Zuhause war das Kloster, in dem die Kinder zwar eine verschworene Ersatzfamilie bildeten, doch die Nonnen ein strenges Regiment führten.

Wer in ihren Augen nicht brav war, den schickten sie in den Wald. "Dort mussten wir Weidenruten holen, und dann ging es ab auf den Dachboden", erinnert sich Volker. Doch auch über 50 Jahre später versagt ihm noch die Stimme, wenn er weiter erzählt: "Dort wartete der Hausmeister, ein richtiger Sadist." Er züchtigte die Kinder mit den Ruten. Erst als ein neuer Hausmeister kam, der körperlichen Züchtigung nichts abgewinnen konnte, blieben die Kinder von Schlägen verschont. "Er riet uns, trockene Ruten zu holen - die waren nämlich nicht zu gebrauchen, und so blieb uns die Haue erspart."

Mit elf Jahren kam er zu Pflegeeltern. "Das war zwar besser als im Heim", sagt er, doch sie verlangten ihm täglich harte körperliche Arbeit ab. Das Verhältnis zu ihnen blieb deshalb gespannt, bis er mit 17 Jahren mithilfe des Jugendamtes eine eigene Wohnung beziehen durfte. Zu diesem Zeitpunkt schien die Zukunft für ihn noch rosig: Seine Lehre bewältigte er souverän, als Handwerker arbeitete er fleißig, 1990 machte er sich sogar selbständig.

Trotzdem schmolzen über Jahre hinweg alle Ersparnisse, weil im Winter die Aufträge ausblieben. Ein Freund vermittelte ihm schließlich einen Job als Subunternehmer für einen anderen Betrieb. Doch dieser Schritt generierte das nächste Problem: Scheinselbständigkeit. Um nicht ins Visier des Finanzamtes zu geraten, arbeitete Volker L. viel nebenbei, bis der Körper nicht mehr mitmachte: Arthrose machte sich breit, er erlitt einen Magendurchbruch und Medikamente schlugen ihm so aufs Herz, dass er Wochen auf der Intensivstation verbrachte. Für das Arbeitsamt ist klar: Volker L. ist nicht mehr vermittelbar.

Seit 2009 ist er deshalb in Frührente, doch viel einzahlen hat er nicht können. Mit 419 Euro im Monat muss er deshalb nun auskommen. Es ist ein bescheidenes Leben, in dem er von Geborgenheit und von einem kleinen Stück vom Glück träumt. "Bislang durfte ich zum Beispiel bei einer guten Freundin waschen. Jetzt aber ist sie an Krebs erkrankt", sagt Volker L.. Eine eigene Waschmaschine, das wäre nun dringend nötig. Und ein großes Glück für Volker L.

© SZ vom 03.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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