Musik:Die Schrammler vom Isarwinkel

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Freude am Spiel haben Markus Riesch, Josef Müller und Josef Gerg (von links) vom Verein "Zither und Kontra". (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Verein "Zither und Kontra" will das Spiel mit traditionellen Instrumenten wiederbeleben.

Von Arnold Zimprich, Bad Tölz

Wenn Josef Gerg, den alle nur Sepp nennen, vom Kraus Hans erzählt, bekommt man schon vom Zuhören Respekt. "Streng war der Hans, und wehe, man hat nicht geübt!", sagt Gerg. "Einmal habe ich mich gar nicht hingetraut zum Hans." Eine Autorität sei der Landwirt und Flößer gewesen, der die Wegscheider Musikanten mitbegründete, und doch wegweisend für Gerg und sein Zitherspiel.

Gerg, Jahrgang 1947, sitzt zusammen mit Markus Riesch bei Josef Müller in Bad Tölz, dem Vorsitzenden des Vereins "Zither und Kontra". Der Landwirt aus dem Gaißacher Ortsteil Obersteinbach erzählt, wie er mit 13 Jahren zum ersten Mal das Vieh auf der Mooslahneralm im Karwendel hütete - die Zither war natürlich dabei. "Wir haben einen Knecht auf dem Hof g'habt, der hat immer a bisserl gspuit", sagt Gerg. "Dann hat die Zither wieder hinten im Kammerl gflackt. Da hab ich mir gedacht, des dad ma gfoin." So kam es, dass sich Gerg schon in jungen Jahren aufs Rad geschwungen hat, die Zither im Rucksack, und nach Wegscheid zum Kraus Hans zum Zitherunterricht gefahren ist.

Doch die Wegscheider Musikanten sind Geschichte, die Hoch-Zeit des Zitherspiels im Isarwinkel ebenfalls. Diesem Trend will der neu gegründete Verein entgegenwirken. Seit vielen Jahren fahren Gerg, Müller und weitere Musikanten aus dem Isarwinkel zum Musikantentreffen nach Grundlsee in die Steiermark. "Vor zehn Jahren haben die Grundlseer einen Verein gegründet", erzählt Josef Müller, "die haben auch gleich einen Sponsor aus Wien gefunden." Die Österreicher hätten auch beim Nachwuchs Interesse am Zither- und Kontragitarrenspiel geweckt. So reifte bei den Isarwinklern die Idee, selbst einen Verein zu gründen.

Die Kontragitarre ist Gitarre und Bass in einem. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn Schriftführer Erwin Fellner über die Geschichte von Zither und Kontragitarre erzählt, taucht er tief in das 19. Jahrhundert und die Musikszene Wiens ab. Johann Schrammel war es, der die "Schrammelmusik" begründete - zu der die Kontragitarre gehört, eine Kombination aus Gitarre und Bass. Die volkstümliche Musik, oft begleitet von frechen Texten mit dem obligatorischen Wiener Schmäh, war ein Exportschlager: Auch im bayerischen Raum gründeten sich im ausgehenden 19. Jahrhundert zahlreiche Schrammelkapellen.

Anders als ein Kontrabass mit seinen vier Saiten verfügt die Kontragitarre neben den sechs Gitarrensaiten über bis zu elf Basssaiten. Auf die Frage, wie schwer es für einen Anfänger ist, das Kontragitarrenspiel zu erlernen, muss Sepp Müller lachen. "Ich zeige ihm dann auf dem Griffbrett die einfachen Griffe", sagt er. "Entscheidend ist, dass man mit den Fingern die kürzesten Wege nimmt." Ein einleuchtender Ratschlag, betrachtet man die Dimensionen des doppelhalsigen Instruments.

"Die Oiden spuin, und koana schert sich was", fasst Sepp Gerg die Situation im Isarwinkel zusammen. "Im Juli 2021 haben wir gesagt, wir müssen was tun." 19 Gründungsmitglieder hätten den Verein ins Leben gerufen, inzwischen gebe es mehr als 90. "Wir wollen insbesondere an Musikschulen und Schulen herantreten", erklärt Fellner, "wir haben einige Schulen besucht, vom Zitherspiel war nichts zu sehen."

Markus Riesch beugt sich mit leuchtenden Augen über seine Zither. "Das ist eine original Kerschensteiner aus Regensburg", sagt er. "Die hat mein Urgroßvater in den Dreißigerjahren gekauft. Er hat sich in den Zug gesetzt und ist extra nach Regensburg gefahren." 3000 bis 4000 Euro sei so ein Instrument wert. Wer Zither und Contra beitreten möchte, muss jedoch nicht soviel Geld in die Hand nehmen. Der Monatsbeitrag beträgt zwei Euro, die Aufnahmegebühr zehn Euro. Leihinstrumente sind vorhanden. "Wir müssen auch an die, die schonmal gespielt haben, ran", sagt Gerg. Viele hätten noch Zithern und andere Instrumente zu hause liegen, auch Notenblätter seien reichlich vorhanden. Sepp Müller hat ordnerweise Noten im Wohnzimmer. "Das dürften so etwa 2000 Stücke sein", sagt er.

Immer wieder lockern die drei das Gespräch mit Musikstücken auf, zum Abschluss spielen sie "Auf der Florihütt'n" von den Wegscheider Musikanten. Die Freude am Spielen sieht man in ihren Gesichetern. "Richtig schöne Stunden können wir verbringen", sagt Gerg. "Wenn man diese Gabe zum Spielen hat, sollte man das weitergeben."

Am Freitag, 30.Dezember, spielen Musiker von "Zither und Kontra" ab 16 Uhr im Wackersberger Altwirt zur Rauhnachtsmusi auf. Kreisheimatpfleger Martin Englert erzählt, was es mit den Raunächten auf sich hat. Anmeldung per Mail an mueller-toelz@t-online.de oder unter Telefon 0157/82474476.

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