Bad Tölz:Stille im einstigen Spaßbad

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Keine Wellen mehr: Das Alpamare steht leer, und beinahe alles sieht noch so aus wie vor der Schließung. Der Fotograf Michael Fackelmann stellt seine Bilder des Bads noch bis 19. Juni im Tölzer Kunstsalon aus. (Foto: Fackelmann)

Das Alpamare liegt seit seiner Schließung im Dornröschenschlaf. Nur ein paar Rutschen hat die Jod AG bislang nach Serbien verkauft. Stadtrat und Besitzer streiten über die Zukunft des Geländes.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Auf dem Gelände des Alpamare scheint die Zeit still zu stehen. Kaum etwas hat sich verändert, seit das Spaßbad am 31. August vergangenen Jahres für immer geschlossen wurde. Wie eh und je wölben sich die Röhren der Rutschen wie urzeitliche Schlangen in die Luft. Die flachen Gebäude des Wellenbads und des Hallenbads stehen leer und verträumt da. In den Außenbecken ist lediglich das Wasser abgelassen. Der Dornröschenschlaf dürfte noch eine ganze Weile dauern.

Nur einen Teil der Rutschen hat Anton Hoefter bisher verkauft. "An zwei Standorte in Serbien", erzählt der Chef der Jodquellen AG. Für die restlichen Rutschen habe er Interessenten, mit denen er derzeit verhandle. Ansonsten wird auf dem Alpamare-Areal erst einmal nichts mehr abgebaut oder abgerissen. Schon gar nicht das Kunstwerk, das Sabrina Hohmann, die Schwiegertochter des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, für ein Außenbecken des Alpamare angefertigt hat: Einzelne Fliesen des Jodbadebeckens sind mit Worten versehen und halb umlaufend um das Becken gibt es ein steinernes Band, in das ein Text zur Entdeckung der Jodquellen eingraviert ist. "Das wird erhalten und neu installiert", sagt Hoefter. Wo das Kunstwerk hinkommen soll, sei noch nicht festgelegt.

Die Stadt hat über das Gebiet eine Veränderungssperre gelegt, weil sie das Wohnbauvorhaben der Jod AG ablehnt und eine touristische Nutzung fordert, ausdrücklich in Form eines neuen Hotels. "Veränderungssperre heißt, dass keine Veränderung mehr stattfindet, dadurch ist automatisch Stillstand festgelegt", sagt Hoefter. Im Rathaus wird momentan an einem Bebauungsplan gedrechselt, der die Wünsche der Stadt für das zentrale Gebiet im Kurviertel festschreibt. Und zwar juristisch wasserdicht, weil die Stadt mit einer Klage durch die Jod AG rechnet. Ob er vor Gericht ziehen will, lässt Hoefter offen: "Darüber können wir uns nicht äußern."

Als Bauprojekt will er seine Pläne für das Alpamare-Areal gar nicht bezeichnen. Anstelle des Hotels Jodquellenhof, in dem derzeit 120 Flüchtlinge untergebracht sind, soll ein Neubau entstehen, mit Praxen für Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten, den Hoefter als "Gesundheitspark" bezeichnet, im Parterre und mit Wohnungen in den oberen Stockwerken. Auf der Fläche des ehemaligen Spaßbads und des Herderbads sind acht Wohnhäuser vorgesehen. "Das sind sehr lose Ideen, die noch nicht in ein konkretes Projekt umformuliert sind", sagt Hoefter. Sie beschreiben für ihn eher "ein Entwicklungsziel, wie wir uns das Grundstück künftig grundsätzlich vorstellen". Dabei verweist er auf den Rahmenplan für das Alpamare-Areal, den man 2012 gemeinsam mit der Stadt erarbeitet habe, worin eine Durchmischung von Gewerbe und Wohnen für den Jodquellenhof vorgesehen ist. "Darauf beziehen wir uns", sagt der Chef der Jod AG.

Den Rahmenplan hat Bürgermeister Josef Janker (CSU) unterzeichnet, nachdem er mit Bauamtsleiter Christian Fürstberger und Stadtbaumeister Hannes Strunz mit der Jod AG verhandelt hatte. Dabei gab es mehrere Varianten für das Areal des Jodquellenhofs: Wohnen und Hotel, Wohnen und Gesundheit, Wohnen und Gewerbe. Der Stadtrat lehnte dies allerdings ab und beschloss einen neuen Bebauungsplan. Das sei in einer Demokratie eben so, sagt Janker: "Wenn der Bürgermeister etwas unterschreibt, heißt das noch lange nicht, dass der Stadtrat dazu Ja und Amen sagt." Das Gremium wünschte sich schließlich die touristische Nutzung, sprich: ein neues Hotel.

Dem kann Hoefter nichts abgewinnen. Das lässt er zumindest durchblicken, wenn er davon spricht, dass "der Tourismus in Oberbayern und in Bad Tölz keine Branche ist, wo wir große Entwicklungspotenziale sehen". In der Kurstadt seien die Übernachtungszahlen ja rückläufig. Daran wird für ihn auch das neue Wellnessbad "Natura Tölz" nichts ändern, das nach Prognosen der Projektentwickler von der österreichischen Firma Redserve etwa 122 400 Gäste pro Jahr anlocken soll - also gut 70 000 weniger, als das Alpamare zuletzt hatte. Neben dem Spa sollen zwei neue Hotels entstehen, auch auf dem Gelände des Hauses Bruckfeld am Kurpark möchte die Stadt so eine touristische Nutzung. Dann noch ein Hotel am Jodquellenhof - "es würden mehr Betten entstehen, als Bad Tölz in seinen Höchstzeiten hatte", sagt Hoefter. Als Chef der Jod AG sei er den Aktionären gegenüber verpflichtet, Gewinne zu erwirtschaften. "Wir können nicht unendliche Risiken eingehen." Das versteht Bürgermeister Janker, weist aber darauf hin, dass die Jod AG in den vergangenen 15 Jahren offenkundig schon keinen Gewinn mehr habe. Die Stadt hält 27 Prozent der Aktien, eine Ausschüttung gab es zuletzt nicht. "Keine Ausschüttung, kein Gewinn", sagt Janker.

Der Eigentümer des Alpamare und des Jodquellenhofs müsste dem Bürgermeister zufolge nicht selbst ein Hotel betreiben, wenn ihm dies zu riskant sei. "Er kann das Areal an jemanden verkaufen, der ein Hotel bauen und betreiben will." Aber für Wohnhäuser erziele man eben ganz andere Grundstückspreise als für ein Hotel. Im Übrigen glaubt Janker nicht, dass ein solcher Übernachtungsbetrieb in Tölz ein Minusgeschäft wäre - das zeigt für ihn die österreichische Firma Arcus, die neben dem Spa an der Arzbacher Straße die beiden Hotels plant. Das sei der Beweis, "dass man damit etwas verdienen kann, man muss es nur können", sagt der Bürgermeister. Hoefter sei eben kein Hotelier.

Wegen der unterschiedlichen Positionen steht die Befürchtung im Raum, dass dem Alpamare-Areal das gleiche Schicksal droht wie dem Ortszentrum von Bad Heilbrunn, wo fast vier Jahrzehnte lang die Gebäude der Hoefter-Familie im Streit mit der Gemeinde verfielen. Ähnliches gilt für die Wandelhalle, die unter Denkmalschutz steht. Auch dort würde Hoefter gerne Wohnungen einbauen. Zudem schwebe ihm eine Gastronomie und ein öffentlicher Bereich vor, sagt er. Allerdings hat der Stadtrat auch für die Wandelhalle eine Veränderungssperre verhängt.

An einen jahrzehntelangen Stillstand im Zentrum des Kurviertels mag der Chef der Jod AG in Bad Tölz nicht glauben. "Es wird sicher einen Kompromiss geben", sagt Hoefter. Aber wie ein solches Übereinkommen aussehen soll, vermag er aus seiner Perspektive nicht zu skizzieren. Auch Janker zeigt sich gesprächsbereit. Bis zum Herbst werde der neue Bebauungsplan fertig sein, "dann müssen wir verhandeln".

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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