Stadtentwicklung Bad Tölz:Neues Outfit für ein altes Viertel

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Der pittoreske Tölzer Stadtteil "Im Gries" soll umgestaltet werden. Der Entwurf sieht einen neuen Straßenbelag, Barrierefreiheit und mehr Aufenthaltsqualität vor. Dafür sollen rund 40 von 115 Parkplätzen wegfallen.

Von Klaus Schieder

Mit seinen Winkelgassen, den Häusern mit kleinen Fenstern und Türen, den hübschen Gärtchen und gemütlichen Geschäften gehört der Altstadtteil "Im Gries" zu den pittoresken Flecken von Bad Tölz. Nun soll das ensemblegeschützte Viertel, in dem früher Handwerker und Fischer lebten, eine Schönheitskur für seine Straßen und Plätze bekommen. Den Entwurf für die Umgestaltung stellte Axel Lohrer vom Münchner Büro Lohrer-Hochrein GmbH am Samstag bei gleich zwei Terminen im Sitzungssaal des Tölzer Rathauses vor. Für den Stadtplaner sind die Gassen und Gässchen zwischen Stadtpfarrkirche und Isarkai "ein total spannendes Areal", das "eine lockere Nonchalance" und ein beinahe mediterranes Flair ausstrahle.

Die Anlieger müssen allerdings einen Preis für den Umbau ihres Quartiers zahlen. Für Lohrer ist der Wegfall einer erheblichen Anzahl von Parkplätzen in dem Viertel unabdingbar, damit das Projekt einen Sinn hat. Von 115 Stellplätzen sollen nur rund 70 übrig bleiben. Die Parksituation gehört nach dem Dafürhalten des Stadtplaners zu den Mängeln im Gries: "Abends ist alles eng beparkt, mich wundert, dass die Feuerwehr das überhaupt zulässt." Mit der Reduzierung der Parkplätze bekäme man "deutlich mehr Luft und Freiraum", sagte Lohrer. Eine solche Ankündigung löst normalerweise Proteste der Anwohner aus, aber im Rathaussaal blieb alles ruhig.

Dies lag vor allem daran, dass die Tölzer Bürger und besonders die Betroffenen im Gries mitreden durften - ein Prozess, der vom Büro Leuninger und Michler aus Kaufbeuren moderiert wurde. Nach einem Stadtspaziergang setzte sich im Vorjahr eine Impulsgruppe mit Anliegern, Stadträten, Einzelhändlern und Vertretern der Stadtverwaltung in zwei Treffen mit all den Wünschen und Anregungen auseinander, sortierte und priorisierte.

Mit dabei war auch Anwohnerin Barbara Stadlhofer, die das Gries als "Schatzkastl" bezeichnete. Das Hauptproblem in dem Viertel seien die Autos, sagte sie. Auch sie sei froh, wenn sie vor der Haustür parken dürfe, "aber wenn wir mehr Lebensqualität bekommen wollen, müssen wir die Autos rauskriegen". Bürgermeister Josef Janker (CSU) zeigte sich erleichtert, dass die Anlieger bereit seien, auf Parkplätze zu verzichten. "Sonst brauchen wir nicht anzufangen." Auf einer Postkarte, auf der die Teilnehmer der Präsentation ihre Anregungen notieren konnten, war allerdings die Frage zu lesen, an welche Alternativen zu den wegfallenden Stellflächen gedacht sei. Janker führte die Parkplätze vor den Stadtwerken oder in der Kohlstattstraße an. "Wir brauchen da intelligente Lösungen, wir werden das schaffen."

Zu den Schönheitsfehlern im Gries gehören für Lohrer außerdem der vielfach geflickte Asphalt und die hohen Bordsteine der Gehwege, die manchmal abrupt an Häuserkanten enden. Um diesen Stadtboden neu zu gestalten, müssten die Gehsteige verschwinden, sagte der Stadtplaner. "Wir wollen eine große Ebenflächigkeit." Gedacht ist an eine Pflasterung aus verschiedenem Material, mit unterschiedlichen Farben. Lohrer zeigte ein Beispiel aus Verona, wo dunkelfarbige Tretstreifen an den Häusern vorbeiführen, während in der Mitte ein breiter, grauer Straßenbelag gepflastert wurde. Für Sehbehinderte soll es zwischen Streifen und Belag eine taktile Kante von drei Zentimetern geben, an der sie sich mit dem Stock orientieren können. Die verbleibenden Parkplätze könnten mit Metallnägeln oder andersfarbigen Pflastersteinen markiert werden. Lohrer glaubt nicht, dass die Autos dann flotter durchs verwinkelte Gries brausen. "Sie können dort eh nicht schnell fahren", sagte er.

Was die Entwässerung betrifft, so fließt das Regenwasser im Viertel bislang zu den Bordsteinen ab und bildet dort oftmals große Pfützen. Lohrer will das ändern. Der Straßenbelag wird an den Seiten leicht angehoben, damit das Wasser zur Mitte hin strömt. Dazu seien mehr Regeneinläufe und mehr als nur eine Rinne nötig. An den Hausfassaden, die meist denkmalgeschützt sind, kann sich der Stadtplaner zum Aufhübschen des Stadtbilds "harmlose Dachlattenspaliere für Rosen" vorstellen. Die Stufen zu den Hauseingängen könnten vereinheitlicht werden. Und die Mülltonnen, die für Lohrer mitunter "eine Art Wagenburg" an den Gartenzäunen im Gries bilden, könnten hinter Boxen mit Holzelementen verschwinden.

"Es ist geglückt, Ihre Wünsche und Vorstellungen einzuarbeiten", sagte Moderatorin Annegret Michler den knapp 50 Teilnehmern der ersten Präsentation am Samstag. Die Besucher hatten danach reichlich Gelegenheit, mit Stadtplaner Lohrer, Bauamtsleiter Christian Fürstberger und diversen Stadträten zu debattieren. Bis das alte Handwerkerviertel verschönert wird, dürfte es allerdings noch eine ganze Weile dauern. Als nächstes wird ein fertiger Entwurf erstellt, über den der Stadtrat abstimmt. In der Genehmigungsplanung müssen dann auch noch Aspekte des Denkmalschutzes und des Hochwasserschutzes geklärt werden. Der Umbau dürfte erst im Jahr 2021 beginnen.

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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