Tölzer Kurviertel:Sanatorium Sedlmayr muss bleiben

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Einen Abriss des Sanatoriums Sedlmayr und den Bau zweier Wohnhäuser - wie von den Eigentümern gewünscht - hat der Tölzer Stadtrat nach langer Debatte mit knapper Mehrheit abgelehnt. Für das Haus und einige Nachbargebäude gilt nun eine Veränderungssperre. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Tölzer Stadtrat lehnt den Wunsch der Eigentümer ab, das Haus im Kurviertel abzureißen und zwei Wohnhäuser zu bauen. Die städtebaulichen Ziele sind ihm wichtiger als die wirtschaftlichen Sorgen der Familie.

Von Klaus Schieder

Es war eine vertrackte Entscheidung, vor die sich die Tölzer Stadträte im Fall des Sanatoriums Sedlmayr gestellt sahen. Da ist auf der einen Seite ein Ehepaar, das seine Kureinrichtung im Bäderviertel viele Jahre lang vorbildlich geführt und damit den Tourismus-Standort gestärkt hat, nun jedoch aufhören möchte. Die beiden Eigentümer und Betreiber erwarten einen erheblichen Umsatzeinbruch im nächsten Jahr, weshalb sie das Sanatorium abreißen und zwei Wohnhäuser bauen wollen, auch um ihre Altersversorgung zu sichern. Dem stehen allerdings die städtebaulichen Ziele im Kurviertel entgegen. Die Stadt möchte dem ausufernden Wohnungsbau dort einen Riegel vorschieben und ein Zeichen für Tourismus setzen, gerade im Herzen des Badeteils. Die Stadträte stimmten schlussendlich gegen den Wunsch der Eheleute Sedlmayr. Mit 14 zu zehn Stimmen fiel die Entscheidung knapp aus.

Am Abend vor der Ratssitzung hatte Kurdirektorin Brita Hohenreiter noch ein langes Gespräch mit Roswitha Sedlmayr. Nach dem Bauausschuss in der Woche zuvor hatte es Irritationen gegeben, weil Hohenreiter da ein flammendes Plädoyer für den Erhalt des Sanatoriums gehalten hatte. Im Stadtrat äußerte sie Verständnis für das Anliegen des Ehepaars, gleichwohl hielt sie an ihrem Standpunkt fest. Sie schätze die Betreiber, müsse das Ganze aber aus Sicht der Stadtentwicklung betrachten, sagte sie. Als Kurdirektorin sei es ihre Aufgabe, die Struktur für den touristischen Bedarf aufrecht zu erhalten. "Es geht nicht nur darum, Betten zu generieren, sondern auch den Bestand zu sichern."

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Die Eigentümer des Sanatoriums kommen ins Rentenalter. Weil ein wichtiger Kostenträger wegfällt, der seine Patienten künftig in größere Häuser schicken will, rechnen sie mit einem Umsatzeinbruch von 40 Prozent. Auch die beiden Kinder wollen das Haus nicht übernehmen. Das Bauvorhaben der Sedlmayrs ist nicht das einzige dieser Art im Kurviertel. In den vergangenen Jahren haben etliche Besitzer von Hotels und kleinen Pensionen - mit Billigung des Stadtrats - ihre Anwesen in Wohngebäude umgewandelt. So kündigte die Besitzerin des florierenden Hotels Alexandra ihren Pächtern und bekam die Genehmigung für den Umbau in Wohnungen. Für Bauamtsleiter Christian Fürstberger ist dieser Fall jedoch anders gelagert, weil das Hotel isoliert am Rande des Stadtviertels stehe. "Das ist nicht im Nukleus des Badeteils." Eben dies ist das Pech für die Sedlmayrs: Ihr Sanatorium liegt im Kern des Stadtviertels und ist noch von anderen touristischen Betrieben umgeben. Der Bebauungsplan für die "Innere Buchener Straße" gilt denn auch für weitere Grundstücke.

Als das Kurviertel noch ein Sondergebiet war, bestand ein striktes Verbot für die Umwandlung von Hotels, Pensionen und anderen Tourismus-Betrieben in Wohnhäuser. Weil sich dieses Veto aber nicht recht durchhalten ließ, wurde später im "Rahmenkonzept Badeteil" der Wohnbau doch erlaubt, allerdings nur ausnahmsweise. Leider habe es zuletzt einen starken Trend zur Maximalbebauung gegeben, sagte der Dritte Bürgermeister Christof Botzenhart (CSU). Auch wenn es diese Massivität einzudämmen gelte, könne man im vorliegenden Fall mit den Betreibern vielleicht eine Regelung finden, "wo wir sagen können, gut, das ist kein touristischer Betrieb mehr, aber verträglich". Nach dem Maß der Nutzung entsprechen die zwei geplanten Wohnhäuser der Sedlmayrs den baurechtlichen Vorgaben, fallen sogar eher kleiner aus.

Die Chance auf einen solchen Kompromiss sieht Fürstberger kaum. "Regeln kann man das nicht." Der Abriss und der Neubau sei für die Gastgeber nebenan eine "massive Beeinträchtigung". Es sei "nicht angenehm, wenn sie mehr oder weniger ein Jahr zusperren können". Außerdem befürchtet er einen Bezugsfall: "Ein Nein wird schwer zu rechtfertigen sein, wenn der Nachbar mit einer ähnlichen Begründung kommt." Eine Argumentation, die Andrea Grundhuber (Grüne) nachvollziehen konnte. Sie habe schon "erlebt, dass durch Bautätigkeit die Nachbarbetriebe kaputt gehen". Auf weniger Beifall stieß Fürstberger mit seinem Vergleich mit einem Gewerbegebiet: Wenn eine Firma erkläre, sie wolle aufhören und umbauen, "können wir auch nicht sagen, wir machen kein Gewerbegebiet mehr". Dort wisse ein Betreiber aber von Anfang an, worauf er sich einlasse, so Franz Mayer-Schwendner (Grüne).

Vor einem drohenden Leerstand des Sanatoriums Sedlmayr warnten mehrere Stadträte. "Irgendwann wird es verkauft, und dann kommt zu hundert Prozent ein Antrag auf Wohnbebauung", warnte Peter Priller (Grüne). Auch Anton Mayer (CSU) befürchtet dies: "Wir werden dort draußen zwei Jahre lang eine Ruine haben." Für Peter Wiedemann (FWG) lässt sich der Tourismus in Bad Tölz nicht "per Verordnung" retten. Und Richard Hoch (Grüne) empfindet den Bebauungsplan mit dem "verschärften Schwert" der Veränderungssperre als "Bestrafung eines Unternehmers, der mehr als 25 Jahre seinen Betrieb erfolgreich geführt hat". Am Ende einer langen Debatte blieben solche Stimmen jedoch in der Minderheit.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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