Mitten in Bad Tölz:Eine Stadt als großer Spielplatz

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Mit einem neuen Konzept will Bad Tölz viele Orte zum Toben, Radeln und Bolzen schaffen. Ein großes Monopoly vom Bahnhofsplatz zur Badstraße ist nicht geplant, teure Häuser gibt es ohnehin schon genug.

Von Klaus Schieder; , Bad Tölz

Johan Huizinga war ein kluger Mann. Als Synonym für den Menschen brachte der niederländische Professor den Begriff des "Homo ludens" in Spiel, was allemal realitätsnäher ist als beispielsweise "Homo sapiens". Angesichts all der Nachrichten über Corona-Spaziergänge und Krisenherde in der Welt wäre "Homo stupens" zwar am treffendsten, aber gut... Für Huizinga ist das Spiel kulturbildend, was für die Zukunft der Menschheit wenig Gutes verheißt, wenn man so manche Fahrgäste in Bus und S-Bahn konzentriert über ihr Smartphone gebeugt sieht, einer plötzlich die Faust ballt und brüllt, weil er das nächste Level des PC-Spiels "Baba is You" erreicht hat. Dem Homo stupens, ... nein, ludens, hat die Stadt Bad Tölz sogar ein ganzes Konzept gewidmet - nicht virtuell, sondern real. Deshalb trägt sie fortan auch nicht mehr das altersschwache Synonym "Kurstadt", sondern das lebendigere "Bespielbare Stadt".

Das darf man sich allerdings nicht so vorstellen, als wäre Tölz nun ein riesiges Monopoly. Wer von der Bahnhofstraße über den Rathausplatz bis zur Badstraße im Kurviertel zieht, kommt auch künftig nicht über "Los", um ein paar tausend Euro einzusacken. Auch der Kauf neuer Häuser ist unmöglich, weil ja eh schon alles vollgebaut ist, wobei die Monatsmiete für eine Wohnung in Tölz in jedem Fall viel höher ist als jeglicher Monopoly-Gewinn. Das neue Konzept sieht vielmehr vor, überall in der Stadt diverse Spielareale zu schaffen: einen Dirtpark hier, eine Holzschaukel dort, ein Fitnessgerät da, ein Bolzplatz woanders. Warum? Weil den Kindern einst die Brachflächen zum Spielen genommen wurden, um darauf Häuser zu errichten. Von einem Magistratus bavaricus, der Huizinga vermutlich für ein Buttergebäck hielt.

Das Tölzer Konzept soll nicht alleine dem Nachwuchs zugute kommen, auch den Erwachsenen sollen die Spielflächen als Begegnungsorte dienen. Dazu zählt unter anderem der neue Pumptrack - eine spezielle Mountainbike-Strecke mit vielen Wellen, wo man nicht mit dem Treten in die Pedale, sondern durch das Hochdrücken des Körpers vorwärts kommt. Das wäre doch auch was für die Stadträte, das Aufpumpen des Oberkörpers beherrschen die meisten ja von ihren Reden im Gremium. Und nur Spötter behaupten, dass das manchmal, naja, stupens aussieht.

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