Ausstellung in Bad Tölz:Gelebte Kunst

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Wolfgang Biebach: "Wile E. Coyote takes a ride". (Foto: Harry Wolfsbauer)

Lehrende und Ehemalige des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums zeigen im Stadtmuseum , welches "Kreativkraftwerk" die Schule war und ist.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Bei der Vernissage zur Ausstellung "Kunstschmiede" des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums herrscht eine aufgekratzte Atmosphäre wie beim Klassentreffen: Lehrerinnen und Lehrer, ehemalige Schülerinnen und Schüler, Familien und Freunde sind am Donnerstag ins Tölzer Stadtmuseum gekommen, es wird geratscht, gelacht, Erinnerungen werden ausgetauscht - ein großes Hallo in den beiden dicht gefüllten Räumen. Die Ausstellung bildet den Auftakt zu den 101-Jahr-Feierlichkeiten des Tölzer Gymnasiums, nachdem das eigentliche Jubiläum im vergangenen Jahr wegen Corona verschoben werden musste, wie Schulleiter Alexander Göbel erklärt.

Rosemarie Freiberger: "Gardasee" (Ausschnitt). (Foto: Harry Wolfsbauer)
Aus der Hinterglasserie von Gabriele Lampadius. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Konzept folgt einem originellen Ansatz; denn die Schau zeigt Arbeiten von Kunstlehrenden der Schule ebenso wie von ehemaligen Schülerinnen und Schülern, denen kreatives Schaffen zu Berufung und Beruf wurden. Die insgesamt 40 Arbeiten umfassen eine Zeitspanne von 70 Jahren. Der vordere Raum ist den Lehrern vorbehalten, der Bürgersaal den Alumni. Die Arbeiten sind ebenso vielfältig wie anspruchsvoll und lohnen eine intensive Auseinandersetzung. Die Ausstellung, die die Fachschaft Kunst unter Leitung von Stephanie Pütz organisiert hat, zeigt auf eindrückliche Weise, dass Lehrende im Bereich Kunst, ähnlich wie in der Musik, gleichermaßen Pädagogen und Künstler sind. Und sie macht deutlich, dass es Aufgabe und Verdienst von Schule ist, junge Menschen zu begeistern und die Keimzelle für ihre berufliche Entwicklung zu legen.

Und so kann man sich in den "Lehrerzimmern" in die fotorealistischen Porträts von Rosemarie Freiberger versenken, Bilder, in denen sich verschiedene Räume öffnen und spiegeln. In die großformatigen surrealen Bildwelten von Horst Hermenau eintauchen. Oder über das "Selbstbildnis nach Art der Mona Lisa" von Max Weihrauch aus dem Jahr 1987 schmunzeln.

Bei den Arbeiten der ehemaligen Schüler ist der künstlerische Keim in ganz verschiedene Richtungen gewachsen: Modedesign, Architektur, Fotografie, Bildhauerei - die Bereiche, Themen und Techniken sind vielfältig. Comics von Moritz Reischl-Zand, alias Mosbichler, die witzige Illustrationen von Jan Reiser etwa für die Kinderseite der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2013, Fotodokumente aus einem Langzeitprojekt über den Klimawandel von Tobias Hohenacker. Die Fotografie einer Szene aus einem Kleist-Stück des Münchner Residenztheaters, die der Lichtdesigner Gerrit Jurda in gelbes Licht taucht.

Das Gabriel-von-Seidl-Gymnasium sei ein "Kreativkraftwerk", formuliert Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart, der hier selbst Schüler war, allerdings mit "eher schwach ausgeprägter" künstlerischer Begabung, wie er erklärt. Das Gymnasium sei eine Bereicherung für das Kulturleben der Stadt. Denn ob Theater, Musik, Ausstellungen - Schule und Stadt bildeten eine fruchtbare Symbiose, "die hoffentlich die nächsten 101 Jahre weitergeht", sagt Botzenhart.

Schuldirektor Alexander Göbel eröffnet die Schau. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Einführung hält Alexander Glas, ebenfalls ehemaliger Schüler und späterer Kunstlehrer am Tölzer Gymnasium, der heute als Professor für Kunstpädagogik an der Universität Passau lehrt. Er verbinde viele schöne Erinnerungen mit dem Tölzer Gymnasium, sagt Glas, es sei eine "fruchtbare und schöpferische Zeit" gewesen. Begeistert äußert er sich über die Ausstellung: Sie sei "überwältigend" und zeige die Vielfalt und Entwicklung der Kunst in den vergangenen Jahrzehnten. Es sei eine "geniale Idee", Lehrende und ehemalige Schüler in einer Ausstellung zusammenzuführen. "Es ist für uns Pädagogen immer eine große Freude, wenn man die Ernte einfahren darf", sagt Glas. Auch im Fach Kunst müssten sich Lehrende mit den Herausforderungen durch Digitalisierung und Medienkompetenz auseinandersetzen. "Die Kunst ist in diesen Fragen eine orientierende Größe."

Ausstellung "Kunstschmiede" bis 20. Juli im Stadtmuseum Bad Tölz, Marktstraße 48, geöffnet Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr

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