Bad Tölz:Amtsanmaßung vor Gericht

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Ladeninhaber soll sich bei Konkurrent als Landratsamtsmitarbeiter ausgegeben haben - und wird freigesprochen

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Es ist Ostersonntag und ein Geschäft in Bad Tölz hat dennoch geöffnet - das ärgert die Konkurrenz von der anderen Straßenseite. Er sei erbost gewesen, räumt der Chef eines anderen Ladens in der Nähe vor dem Amtsgericht ein. Doch bei dem Ärger soll es laut Anklage nicht geblieben sein: Der Ladeninhaber soll im Geschäft des Konkurrenten angerufen und sich als Herr Schneider, Mitarbeiter des Tölzer Landratsamts, ausgegeben haben. Er soll eine dortige Mitarbeiterin telefonisch aufgefordert haben, ihr Geschäft sofort wieder zu schließen, da sonst etwas passieren werde. Doch der Angeklagte bestritt die Vorwürfe und wurde freigesprochen, weil das Gericht nicht zweifelsfrei klären konnte, ob der Angeklagte auch wirklich der Anrufer war.

Es sei eben nicht erlaubt, an einem Festtag einfach so einen Laden zu öffnen, sagte der Geschäftsmann. Deswegen hätten er und sein Geschäftspartner gemeinsam entschieden, dort anzurufen. Telefoniert habe aber sein Geschäftspartner mit einem Handy. Er habe nicht mitbekommen, dass sich dieser als Landratsamtsmitarbeiter ausgegeben habe. Der Geschäftspartner verweigerte vor Gericht jede Aussage.

Die Mitarbeiterin des betroffenen Geschäfts bestätigte den Anruf des vermeintlichen Landratsamtsmitarbeiters. Sie habe aus der Stimme "unterdrückte Wut" herausgehört und umgehend ihren Chef informiert, der zu diesem Zeitpunkt im Urlaub gewesen sei.

Dieser sagte aus, am Ostermontag die Handynummer des vermeintlichen Landratsamtsmitarbeiters angerufen zu haben. Dieser wolle sich als solcher auch zu erkennen gegeben haben. Doch als er einen Termin mit diesem vereinbaren wollte, sei er ausgewichen. Schließlich erstattete der Geschäftsführer Anzeige bei der Polizei.

Der ermittelnde Beamte sagte, dass sie dank einer Rufnummernidentifizierung auf den Namen des Angeklagten gestoßen seien. Seiner Aussage nach habe er diesen auch selbst angerufen, worauf sich dieser mit seinem Namen gemeldet habe. Darauf hat der Polizist diesen sofort über die Anklage informiert und das Telefongespräch daraufhin beendet.

Eine weitere Zeugin will am Ostersonntag zum Kaffeetrinken bei dem Angeklagten und seinem Geschäftspartner eingeladen gewesen sein. Beide hätten sich über das geöffnete Geschäft des Konkurrenten geärgert, sagte sie. Daraufhin habe der Geschäftspartner zu einem Handy gegriffen und dort angerufen. Als Behördenmitarbeiter habe er sich nicht ausgegeben. Der Angeklagte habe nicht telefoniert. Der sei ohnehin ein "leiser Typ" und sage nie etwas.

Der Staatsanwalt sagte, dass sich nicht nachweisen lasse, wer telefoniert habe. Deshalb beantragte er einen Freispruch. Dem schloss sich Richter Helmut Berger an. Die Situation sei "äußerst unbefriedigend", sagte er. Jetzt müsse wohl der Geschäftspartner des Angeklagten mit Ermittlungen rechnen.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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