Autorin und Vereinsvorsitzende:Ein Buch für die Seele

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Gabriele Skarda glaubt an Kontakte ins Jenseits, arbeitet aber auch sehr Diesseits-orientiert. (Foto: Hartmut Pöstges)

Gabriele Skarda engagiert sich für psychisch Kranke und will anderen Mut machen, für sich zu kämpfen

Von Katharina Schmid, Hohenschäftlarn

Gabriele Skarda ist das, was in Bayern ein "Treibauf" genannt wird. Ein umtriebiger, energiegeladener Mensch. Sich auch mal zu entspannen, das habe sie erst lernen müssen, erzählt die 65-jährige Hohenschäftlarnerin. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch vor der hellblauen Wand, Hund Leo tigert durchs Zimmer, bunte Karteikärtchen stehen auf dem Tisch, eine Wand voller Ordner schließt sich an. Hier ist der Sitz von Skardas Künstleragentur, hier gibt sie Coachings und Online-Seminare für Nachwuchskünstler, hier bereitet sie ihre Kurse bei der Industrie- und Handelskammer vor. Und hier hat sie in langen Nächten ihr im Herbst 2018 im Selbstverlag erschienenes Buch geschrieben: "Wenn die Seele fliegen lernt".

Darin erzählt sie die Geschichte ihres Freundes Werner, den sie über Jahrzehnte auf seinem Weg aus Krankheit und Sucht begleitet hat, und mit dem sie, so ist Skarda überzeugt, auch nach seinem Tod weiter in Kontakt stehe. Über ein Medium habe sie sich mit ihrem verstorbenen Freund unterhalten, er habe ihr Zeichen geschickt und sei Co-Autor des Buches. Skarda ist sich bewusst, dass viele Leser diese Aussagen skeptisch bis ablehnend beurteilen.

Als sie Mitte Oktober mit dem Buch "raus" sei, wie sie es nennt, sei ihr selbst nicht ganz wohl gewesen, sagt sie. Kaum jemand habe davon gewusst, dass sie mehr als ein Jahr lang an dem Buch geschrieben habe. Die Anspannung löste sich mit "äußerst positivem Feedback" ins Positive auf. Mittlerweile sind rund 500 Bücher verkauft, die zweite Auflage gedruckt. "Das Buch macht seinen Weg von ganz allein", ist sie überzeugt. "Werner ist sehr umtriebig da oben."

Wer skeptisch bleibt, für den ist Skardas Buch die Möglichkeit, eine Erklärung dafür zu finden, warum sie sich neben ihrem Beruf seit Jahren ehrenamtlich im Verein Freundeskreis psychisch Kranke engagiert. Selbst mit diesem Schicksal konfrontiert, hat sie erlebt, wie allein gelassen die Betroffenen und deren Angehörige oft sind. "Viele in dieser Szene sind so hilflos wie ich damals." Und viele scheuten es, mit ihrer Geschichte nach außen zu gehen. Ihr Buch versteht Skarda deshalb auch als Mutmacher: "Ich wollte den Normalsterblichen die Angst davor nehmen und zeigen, dass es sich lohnt, sich auf die Hinterbeine zu stellen und zu kämpfen."

Als ihr Freund, der durch einen Sturz eine schwere Gehirnverletzung davontrug und bereits davor in eine Alkoholsucht entglitten war, wieder einmal an einem Tiefpunkt gewesen sei, habe sie in seinem Briefkasten einen Flyer der "Freunde psychisch Kranker" gefunden. Kein Zufall, wie sie glaubt. In jedem Fall aber eine glückliche Fügung für die damals oft überforderte, hilflose Frau. "Ich bin sofort mit dem Verein in Kontakt getreten und 2000 selber Mitglied geworden." Der Austausch und die Ansprache hätten ihr damals viel geholfen. Heute ist Skarda Vorstandsvorsitzende, macht den Jahresplan und organisiert Benefizveranstaltungen.

Die 65-Jährige ist überzeugt, dass die Situation psychisch Kranker und ihrer Angehörigen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich besser geworden ist. "Die Bevölkerung ist offener geworden", sagt sie, "auch weil die Krankenkassen psychische Erkrankungen anerkennen." Dennoch brauchten psychisch kranke Menschen weiter eine starke Lobby, mehr betreute Wohneinrichtungen, mehr Sozialpädagogen, sagt sie.

Beim Schreiben ihres Buches habe sie die Dramen, die sie durchlebt habe, noch einmal mit Abstand betrachten können und festgestellt, "dass vieles tragisch und schlimm war". Sie habe aber auch erkannt, dass jedes Drama in einen positiven Zustand umgewandelt werden könne. "Auch wenn es ein harter Weg ist, man darf die Hoffnung nicht verlieren. Und man muss sich Hilfe holen von außen", gibt sie allen Angehörigen und Erkrankten mit auf den Weg. "Zu viele Menschen schweigen und tragen das Problem vor sich her, bis es zu spät ist."

Gabriele Skarda: Wenn die Seele fliegen lernt, ISBN 13 978-3-96443-417-3, 14,90 Euro

© SZ vom 12.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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