Ausstellung:Die Poesie der Ordnung

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Die Stadtbücherei Wolfratshausen zeigt im Februar Werke zweier Künstlerinnen, die mit strenger Akribie wunderbare Wirkungen erzielen: Andrea Mähner und Anna Maria Bellmann

Von Felicitas Amler, Wolfratshausen

Bei Lesungen für Erwachsene gibt's in der Stadtbücherei Wolfratshausen ein Glas Wein umsonst, daran mögen sich die Besucher gewöhnt haben. Aber Bier? Das ist neu. Und auch einzigartig in diesem Jahr: Zum Welttag des Buches und des Bieres - beide am 23. April - stellen Bücherei-Leiterin Silke Vogel und ihr Team Bierbänke in die Räume am Hammerschmiedweg und bitten die Gäste zu einer kleinen Brotzeit. Der frühere Stadtrat Ludwig ("Wiggerl") Gollwitzer, bekannt von der Loisachtaler Bauernbühne, liest dazu verschiedene Texte, die historisch oder humorvoll um den Gerstensaft kreisen.

Die Bücherei bietet zunehmend mehr Veranstaltungen an und macht damit gute Erfahrungen. Die Anzahl der Besuche ist von 65 911 im Jahr 2017 auf 68 528 im vergangenen Jahr gestiegen; die der Ausleihen im gleichen Zeitraum von rund 126 000 auf rund 129 000. Die Bibliothek hat neben der Hauptstelle in der Innenstadt noch die Filiale in Waldram, dazu "ein tolles Team", wie Vogel sagt, mit drei Haupt- und vier Nebenamtlichen sowie 16 Ehrenamtlichen. Exakt 32 277 Medien umfasst der Bestand. Und ein Pfund, mit dem die Einrichtung wuchern kann, ist es, "dass wir unsere Leser noch kennen - auch beim Namen".

So fragil und doch so standhaft: In Andrea Mähners Kunst zeigt sich Löwenzahnsamen von einer neuen Seite. (Foto: Angelika Bardehle)

Eine der Leserinnen ist die freischaffende Wolfratshauser Künstlerin Andrea Mähner. Mit ihr kam Silke Vogel ins Gespräch über ihre sehr eigenwilligen, köstlich filigranen Arbeiten. Mähner ordnet in ihren Objekten pflanzliche und tierische Substanzen - Igelstacheln oder Löwenzahnsamen, es können aber auch mal Kaninchenköttel sein - nach strengen geometrischen Mustern an und zaubert so eigene kleine Welten. "Konkrete Kunst" nennt sich diese Richtung, die streng mathematisch begründet ist, in ihrer Wirkung aber sehr poetisch wirken kann.

Bald waren sich Vogel und Mähner über eine Ausstellung einig, zu der sie noch eine zweite Künstlerin hinzuholen: die in Holzhausen lebende Anna Maria Bellmann, eine Meisterin der Geduld mit Papier und Skalpell. In einem hingebungsvollen Prozess schneidet Bellmann winzige zarte Muster in weißes Papier, die dann lebendige Licht- und Schattenspiele bewirken. Der Titel der Ausstellung, die am Freitag, 1. Februar, ohne Vernissage eröffnet wird, fasst in einem Paradoxon Arbeitsweise und Wirkung der beiden Künstlerinnen gut zusammen: "Ordentlich verspielt".

Was präzises Arbeiten angeht, steht Anna Maria Bellmann der Kollegin Mähner nicht nach. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Stadtbücherei war schon gelegentlich Ausstellungsort - während der Kunstmeile etwa oder als Forum des örtlichen Fotoclubs und zuletzt mit einer Schau zum Thema Erster Weltkrieg. Zeitgenössische Kunst soll nun öfter mal präsentiert werden: "Ich möchte das gern verstärken", sagt die Leiterin.

Ansonsten stehen Lesungen auf dem Jahresprogramm: mit dem auf historische Romane spezialisierten Titus Müller und der durch "Seelenfischer" und "Honigtot" bekannt gewordenen Belletristik-Autorin Hanni Münzer. Und die regelmäßigen zweisprachigen Lesungen für Kinder, die es schon mit Englisch, Französisch und Spanisch gab, bieten im Februar etwas Besonderes: Geert Vanbeveren liest auf Deutsch und Flämisch - wenn es sonst "Hört mal alle zu!" heißt, steht deswegen diesmal "Luister eens!" darüber.

https://stadtbuecherei.wolfratshausen.de

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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