Aus dem Wolfratshauser Amtsgericht:Stress um 35 Euro

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Der Betrugsprozess um ein Schutzblech wird eingestellt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Warum der 45-jährige Informatiker wegen 35 Euro so einen "Aufstand" macht, kann Richter Helmut Berger kaum verstehen. "Meine Güte", sagt er kopfschüttelnd in der Verhandlung wegen Betrugs vor dem Wolfratshauser Amtsgericht. Im Oktober des Vorjahres hatte der Mann aus dem Landkreis ein gebrauchtes Schutzblech für ein Motorrad über ein Online-Kleinanzeigenportal bestellt. Das schickte er seiner Aussage nach zurück. Doch beim Verkäufer kam nur ein leeres Paket an. Gegen den Strafbefehl hatte der Angeklagte Einspruch eingelegt. Daher wurde am Mittwoch öffentlich verhandelt. Das Verfahren wurde aber eingestellt. Nun muss der Angeklagte 100 Euro an den Verkäufer des Schutzblechs zahlen.

Dass die Angelegenheit den Stress und die Emotionen nicht wert sei, räumte der Informatiker ein. "Ich bin mir aber keiner Schuld bewusst." Um sein Motorrad herzurichten, habe er das Schutzblech bestellt. Laut Angaben des Verkäufers hätte es sich um ein schwarzes Originalteil handeln sollen. Doch das Schutzblech sei zerkratzt und schlecht lackiert gewesen. Daher habe er es wieder zurückgeschickt. Gemeinsam mit seiner Freundin habe er das Schutzblech verpackt. Das Paket habe er mit einem Holzstück stabilisiert, damit das Teil beim Versand nicht beschädigt werde. "Dann hieß es, dass das Paket nicht angekommen oder leer angekommen ist", sagte der Mann.

Die Lebensgefährtin des Angeklagten bestätigte, dass sie das Schutzblech gemeinsam verpackt hätten. Dessen Verkäufer hatte ausgesagt, dass das Teil unbeschädigt gewesen sei. "Es handelt sich zwar nur um ein paar Euro, aber es geht mir uns Prinzip", zitierte Richter Berger den 20-Jährigen aus einer Aktennotiz.

In einem ähnlichen Fall musste sich der Angeklagte bereits vor mehr als vier Jahren gerichtlich verantworten. Damals war der Mann ebenfalls wegen Betrugs angeklagt. Er hatte Lautsprecher für 50 Euro bestellt, den Zustand moniert und ein leeres Paket zurückgeschickt. Das Verfahren wurde damals eingestellt. Es ließ sich nicht nachweisen, dass der Angeklagte in betrügerischer Absicht bestellt hatte.

Nur wundern konnte sich der Richter, dass der Mann erneut auffällig geworden sei. "Da ist schon einmal ein Strafverfahren gelaufen, wenn auch eingestellt, und dann macht man so etwas", fragte sich Berger.

© SZ vom 26.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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