Aus dem Amtsgericht:Hitlergruß vor Migranten gezeigt

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Die beiden Männer waren schwer betrunken. Der Richter vurteilt sie zu Geldstrafen

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die beiden Männer hatten an jenem Tag im vergangenen August bereits am frühen Morgen zu trinken begonnen. Nachmittags trafen sich der 49- und 28-Jährige zufällig bei einer Bank in der Nähe eines Parkplatzes in Bad Tölz und zechten gemeinsam weiter, jeder insgesamt weit mehr als zehn Halbe Bier. Als Passanten vorbeigingen - unter ihnen auch Menschen mit Migrationshintergrund - hoben und streckten sie die rechte Hand zum Hitlergruß und riefen "Heil Hitler". Das Amtsgericht Wolfratshausen verurteilte die Männer wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe.

Der Jüngere der beiden reagierte bestürzt: "Ich schäme mich dafür, was passiert ist", sagte er. Es tue ihm leid. Der Mann gab allerdings an, sich an fast nichts mehr erinnern zu können, nur noch daran, dass die Polizisten seinen Ausweis kontrollieren wollten. Er sei sehr erschrocken gewesen, als er später von den Vorwürfen erfahren habe.

Der Mann erklärte, dass er sich schon am Vortag ins Delirium getrunken habe. Am nächsten Morgen habe er zu Hause weiter getrunken. Dann sei er zu einem Supermarkt gegangen, um sich Nachschub zu holen. Auf dem Weg habe er den Älteren an der Parkbank getroffen. Insgesamt habe er, so schätze er, um die 15 Halbe Bier getrunken. Damals sei er "Dauerspiegeltrinker" gewesen. Doch seit Anfang Januar dieses Jahres sei er abstinent. Er gehe in eine Therapie.

Der Ältere gab an, schizoid zu sein. Er sei bis heute Kind geblieben. Im August habe er schon viel Bier intus gehabt, sicher zwölf bis 14 Halbe. Plötzlich habe der Jüngere mit den Hitlergrüßen begonnen. Da habe er mitgemacht. Für ihn sei das ein kindlicher Scherz gewesen, er sei nicht radikal. Es tue ihm sehr leid.

Die von Passanten alarmierten Polizisten hatten die Männer noch an der Parkbank angetroffen. Dem ermittelnden Beamte zufolge waren beide nicht vernehmungsfähig, konnten keinen Alkoholtest machen. Beide hätten gestanden, den Arm gehoben zu haben. Sie redeten allerdings verwaschen, reagierten verzögert und antworteten nur auf Nachfragen.

Die Sachverständige erklärte, eine erheblich verringerte Steuerungsfähigkeit nicht ausschließen zu können. Bei 14 Halben habe der Ältere maximal 2,74 Promille, wahrscheinlich 1,5 Promille gehabt, der Jüngere wahrscheinlich drei Promille.

Der Staatsanwalt sagte, dass er einen Hintergrund der Männer im Neonazi-Milieu nicht ausreichend sicher feststellen könne. Es lasse aber tief blicken, dass die beiden vor Passanten mehrfach zum Hitlergruß ansetzten. Er forderte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 15 Euro, insgesamt also 600 Euro für jeden der beiden. Dem schloss sich Richter Helmut Berger an. Er verurteilte beide jeweils zu einer Geldstrafe in dieser Höhe. Er erklärte, weil die Männer erheblich angetrunken gewesen seien, könne er eine verminderte Steuerungsfähigkeit nicht ausschließen.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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