Auf Schlittschuhen in Bad Tölz:Eiszeit mitten im Sommer

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Im Hockey-Camp des früheren Nationaltorwarts Helmut de Raaf trainieren fast 500 Kinder und Jugendliche. Weil er und seine Frau Marion die Kurse schon seit 20 Jahren anbieten, hat die Kurstadt das Ehepaar ausgezeichnet.

Von Elena Winterhalter, Bad Tölz

Draußen 30 Grad, drinnen kaum über Null. In der Hacker-Pschorr-Arena in Bad Tölz herrscht mitten im Sommer Hochbetrieb. Mit Schlittschuhen an den Füßen und in Eishockey-Schutzkleidung eingepackt taumeln die Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen sechs und 17 Jahren zur Eisfläche - wie Ritter in ihren Rüstungen. Auf dem Eis ist dann alles anders. Mühelos schießen schon die Kleinsten über die Fläche, schlenzen den Puck ins Tornetz und weichen in engem Slalom Hindernissen aus.

Alles unter den Augen der Betreuer und Trainer, die den jungen Eishockey-Talenten während des einwöchigen Eishockey-Camps möglichst viel Technik und Spielpraxis mitgeben möchten. Die 180 Jungs und Mädchen verbringen einen Teil ihrer Sommerferien im Trainingscamp von Helmut de Raaf. Der ehemalige Nationalspieler organisiert diese Ferienkurse gemeinsam mit seiner Frau bereits seit 20 Jahren. Für ihren Einsatz für die Kurstadt sind die beiden vom Stadtmarketing und dem Tourismusverband Bad Tölz geehrt worden.

Mehrere Einheiten täglich trainieren die Profis von morgen auf dem Eis. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland kommen Kinder und Jugendliche in die Stadt, manche mit, manche ohne Eltern, um mit internationalen Trainern Spiel-, Lauf- und Schusstechnik zu verbessern - und um Freundschaften zu schließen. "Viele kommen mehrere Jahre hintereinander zu uns und wollen wieder mit den selben Leuten aufs Zimmer ", sagt Marion de Raaf. Sie kommt aus der Jugendarbeit und hat ein gutes Gespür für die Sorgen und Bedürfnisse der Kinder. So weiß sie genau: "Am Dienstag kommt bei manchen das Heimweh zusammen mit dem Muskelkater." Deshalb steht an solchen Abenden in der Jugendsiedlung Hochland, wo die Teilnehmer übernachten, Lagerfeuer und Stockbrot backen auf dem Programm. Schließlich sollen die Kinder hier nicht nur trainieren, sondern auch schöne Ferien verbringen.

Maximilian, Max und Thorben sitzen auf der Tribüne und hippeln ungeduldig auf den gelben Sitzen rum. Sie gehören zu den Jüngsten im Camp und können es kaum erwarten, aufs Eis zu kommen. Auf die Frage, wie es ihnen gefällt, kommt ein dreistimmiges "Gut!" Und noch: "Man lernt gut was." Dann ist ihre Aufmerksamkeit schnell wieder auf dem Spielfeld, wo sich zwei ältere Spieler gerade einen Zweikampf um den Puck liefern.

"Fast alle, die zu uns kommen, wollen Profispieler werden", sagt Marion de Raaf. Einige schaffen tatsächlich den Sprung in erfolgreiche Vereine. Dafür braucht es allerdings viel Disziplin. Die jüngsten Teilnehmer gehen noch nicht einmal in die Schule und trainieren trotzdem mehrmals die Woche. "Da müssen auch die Eltern sehr engagiert sein", sagt de Raaf. Teilweise können die Kinder die schwere Tasche mit der Ausrüstung gar nicht selbst tragen. Rund 500 Euro lassen sich die Eltern das alles in allem kosten. Einige fiebern auf der Tribüne mit. Trotzdem soll es eine Woche für die Kinder und Jugendlichen sein. Also kein Zutritt für Mama und Papa in den Kabinen. Ohnehin seien die Teilnehmer in den vergangenen Jahren immer selbständiger geworden, sagt de Raaf.

Das Ehepaar de Raaf wurde für seinen Einsatz für die Kurstadt Tölz geehrt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auf der Tribüne haben sich mittlerweile ein paar Eltern eingefunden und schauen dem Gewusel auf dem Eis zu. "Man sieht gleich, wer sein Kind schon öfter zu uns gebracht hat", erzählt de Raaf. "Die haben dann Winterjacken dabei." Andere frösteln in T-Shirt und kurzer Hose. Drei Sommerwochen am Stück verbringt Marion de Raaf in der Eishalle. Auch ihr Mann ist, so oft es sein Job in der Nachwuchsförderung bei Red Bull in Salzburg erlaubt, mit den Jungs und Mädchen auf dem Eis. Am Samstag endet das diesjährige Hockey-Camp und man sieht sich im nächsten Jahr.

Der Hochbetrieb in der Halle in Bad Tölz bleibt: Vom 14. August an steht Rick Boehm mit seinem Hockey-Camp auf der Eisfläche. Drei Wochen bildet der aktuelle Trainer der Tölzer Löwen seine jungen Eishockey-Talente aus und macht sie fit für die kommende Saison.

Von der Eisfläche kommt jetzt ein schriller Pfiff. Der Trainer aus Schweden ruft die fünf Gruppen zusammen, die auf dem Eis trainiert haben und gibt neue Anweisungen - auf Englisch. Die Betreuer übersetzten. Die Gesichter unter den Helmen sind jetzt leicht gerötet. Hier friert keiner.

© SZ vom 09.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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