Auf die Bretter:Wolfratshausen reitet auf der Welle mit

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Stadtrat beschließt murrend Zuschuss für Surfing-Verein, der bisher 20 000 Euro gesammelt hat.

Von Wolfgang Schäl, Martin Brjatschak, Wolfratshausen

Das Surfen in Wolfratshausen rückt näher. Und das, obwohl der Stadtrat am Dienstag nur mit vernehmlichem Murren beschloss, das Surfwellenprojekt im Bereich der Weidachmühle mit einem Zuschuss vor dem Scheitern zu bewahren. Ein Teil der Finanzierung des rund 320 000 Euro teuren Projekts ist indes anderweitig gesichert. Das Crowdfounding zur Surfwelle hat den als Ziel festgesetzten Betrag von 20 000 Euro erreicht.

Die Mitglieder des Stadtrats erklärten sich erst nach einer Sitzungsunterbrechung und einer eingehenden Beratung zur Unterstützung bereit. Grund war der Zeitdruck: Trotz erklärter Bedenken konnten sie einen Beschluss nicht aufschieben. Denn am 12. März entscheidet der Lenkungsausschuss der Leader-Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) darüber, ob er bereit ist, das Projekt mit der Hälfte der Baukosten zu unterstützen. Voraussetzung für Geld aus diesem europäischen Förderprogramm ist der Nachweis, dass der Fortbestand durch kontinuierliche Zahlungen aus Mitteln der Stadt gewährleistet ist. Hätte der Stadtrat den Beschluss auf die nächste Sitzung verschoben, wären die Leader-Gelder obsolet geworden - und damit das gesamte Projekt. Denn auch der Baukostenzuschuss der Stadt in Höhe von 100 000 Euro ist von der Leader-Förderung abhängig.

Letztlich erklärten sich die Stadträte bereit, für den Unterhalt und die Wartung der Wellenanlage dem Verein Surfing Wolfratshausen über eine Dauer von 15 Jahren jeweils 5000 Euro zur Verfügung zu stellen. CSU-Fraktionssprecher Günther Eibl hatte einen solchen Beschluss zunächst kategorisch abgelehnt, denn zu viele Dinge, etwa haftungsrechtlicher Art, seien noch zu klären. Da benötige man in jedem Fall eine Ausstiegsklausel. Im Namen der SPD erklärte Fritz Meixner, dass der Verein dem Stadtrat einen Zwischenbericht hätte abgeben müssen. Denn die jetzige Situation laufe doch darauf hinaus, "dass wir den zweiten Schritt vor dem ersten machen". Ungeklärt war aus Sicht einiger Stadträte auch, was mit den Fördergeldern passieren würde, falls sich der Verein unerwartet auflösen sollte - "müsste die Stadt dann die Leader-Mittel zurückzahlen?" Insgesamt sei man "einfach schlecht informiert worden" und fühle sich nun trotzdem zu einer Entscheidung gedrängt, kritisierte Hans Schmidt (Grüne).

Schmidts Fraktionskollegin Annette Heinloth warb trotzdem dafür, die Unterstützung zu gewähren und das Projekt nicht fallen zu lassen. Gewiss sei dies alles "vom Ablauf her nicht so glücklich gewesen", dies aber solle nicht der Verein ausbaden müssen. Es gehe ja nur darum, ob der Leader-Antrag gestellt werden könne. Eine Verantwortung übernehme man damit nicht. Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung BVW) verteidigte die Informationslage damit, dass man von dem Leader-Termin erst vor ein oder zwei Wochen erfahren habe. Und weil es sich bei der Surfwelle ja um ein Bauprojekt handle, das noch im Bauausschuss behandelt werden müsse, habe man immer noch alle Möglichkeiten, Einspruch anzumelden. Diese Einsicht setzte sich nach der gemeinsamen Auszeit der Fraktionen denn auch durch. "Wir müssen heute entscheiden", erklärte Fritz Schnaller (SPD), "aber wir behalten uns vor, das Projekt gegebenenfalls zu stoppen." Außerdem müsse künftig eine umfassende Information sichergestellt sein. Diese Vorbehalte wollte er im Sitzungsprotokoll festgehalten wissen. So fiel die Entscheidung ohne Gegenstimme.

Der Surfverein sammelte zwischenzeitlich weiter Spenden, denn rund 60 000 Euro muss er im Fall des Falles selbst aufbringen. Davon sollten über das Crowdfunding 20 000 Euro zusammenkommen. Weil dieses Ziel erreicht wurde, lud die Raiffeisenbank am Mittwoch zu einer Pressekonferenz ein. Anwesend waren Bürgermeister Heiligenlechner, die Tourismusbeauftragte der Stadt, Gisela Gleißl, sowie die beiden Initiatoren des Vorhabens, Marcus und Stefanie Kastner. Noch sei nicht endgültig sicher, ob das Bauvorhaben zu finanzieren ist. Neben dem Spendensammeln von Firmen und Geschäften veranstalten die Mitglieder auch eigene Aktionen. Der Verein hat beispielsweise Partys organisiert und einen Stand auf dem Christkindlmarkt betrieben. Trotzdem fehlten laut Stefanie Kastner noch knapp 15 000 Euro. Marcus Kastner zeigte sich aber zuversichtlich: "Bis Herbst kriegen wir die restliche Summe zusammen."

Wegweisend ist nach dem Beschluss des Stadtrats nun die Entscheidung über die Leader-Förderung der EU. Rund die Hälfte der Baukosten soll so finanziert werden. Laut Gleißl werde das Vorhaben im März der regionalen Leader-Aktionsgruppe vorgestellt und über die Förderung entschieden. Anschließend hätten die Antragsteller ein halbes Jahr Zeit, sämtliche Formalitäten abzuklären. Bei einer Zusage plane man, Anfang 2019 mit dem Bau zu beginnen, sagte Gleißl.

Bis Sonntag, 4. März, k önnen Interessierte noch Geld über die Crowdfunding-Plattform der Raiffeisenbank beisteuern. Die Bank gibt zu jeder Spende fünf Euro.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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