Artenschutz:Wohnungsbau für Fledermäuse

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Für den Schutz der nachtaktiven Säugetiere in Geretsried setzen sich Stadt, LBV und Waldorfschule mit gemeinsamen Projekten ein. Neuntklässler bauen nun Kästen für den Unterschlupf

Von David Holzapfel, Geretsried

Fledermäuse kommen - abgesehen von der Antarktis - auf jedem Kontinent der Erde vor. Weltweit existieren mehr als 1200 Arten, 15 von ihnen konnten bislang im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen nachgewiesen werden. Doch die Nachtschwärmer sind vom Aussterben bedroht. Einige der heimischen Fledermausarten stehen auf der Roten Liste, sind also stark gefährdet. Diesem Problem wollen die Stadt Geretsried, der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und die Interessensgemeinschaft Waldpark nun entgegensteuern. Gemeinsam mit der Freien Waldorfschule Isartal sollen künftig mehr Projekte zum Schutz der Fledermäuse in den Geretsrieder Wäldern realisiert werden.

Seit einiger Zeit erkundet der LBV nun schon das Fledermausvorkommen in diesem Gebiet. Mit Hilfe so genannter "Batcorder" - elektronischer Ultraschalldetektoren, die Fledermausrufe erkennen, aufzeichnen und auswerten können - entstand so ein Bild über Anzahl und Vielfalt der Tiere in der Region. Das Ergebnis gibt durchaus Grund zur Hoffnung: Bei jüngsten Messungen im Geretsrieder Waldpark konnten 440 Fledermausstimmen aufgezeichnet werden. Laut Jochen Pelz, Vorstand der Ernst Pelz Stiftung und Mitbegründer des Waldparks sind sie ein "Beleg für eine hohe Artenvielfalt". In den Aufnahmen des Batcorders waren vor allem Bartfledermäuse, Nordfledermäuse und Zwergfledermäuse zu hören, alle streng geschützt durch das Naturschutzgesetz.

Walter Wintersberger, Vorsitzender des LBV, erklärt die Fledermauskästen, in denen die Tiere ihre Jungen aufziehen und überwintern können. (Foto: Hartmut Pöstges)

Um den Tieren einen optimalen Lebensraum bieten zu können, ist ein Zusammenspiel verschiedener Instanzen und Faktoren notwendig. Die knapp 900 Hektar umfassende Waldfläche im Stadtgebiet Geretsried liegt im Zuständigkeitsbereich des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Holzkirchen. Zu seinen Aufgaben zählen neben der Walderhaltung auch die Forstwirtschaft privater und öffentlicher Auftraggeber. Christian Webert, Bereichsleiter des Ressorts Forsten, sieht sich und seine Mitarbeiter daher in einer Doppelrolle: "Wir müssen einerseits den Wald und seine Vielfalt erhalten, auf der anderen Seite aber auch Forstwirtschaft betreiben", sagt er. Es herrsche jedoch eine gute Ergänzung zwischen Forstämtern und Verbänden wie dem LBV, der in speziellen Themen seine Fachexpertise einbringen könne, erklärt Webert.

Ein solcher Experte ist Walter Wintersberger vom LBV. Er hat sich seit längerem dem Fledermausschutz verschrieben. "Fledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können. Es gibt sie seit über 50 Millionen Jahren - und dabei haben sie sich kaum verändert", schwärmt der Wackersberger. Besonders fasziniere ihn auch ihre Art, wie sich die Tiere orientieren: Fledermäuse sind nachtaktiv; um sich im Dunkeln zurechtzufinden, stoßen sie Ultraschallwellen aus, die dann von Objekten reflektiert werden. Diese Echos nehmen die Tiere auf und machen sich so ein genaues Bild ihrer Umgebung.

Wintersberger war es auch, der gemeinsam mit der Stadt und der Waldorfschule ein praxisnahes Projekt zum Schutz der Säugetiere initiiert hat: Eine 9. Klasse wird im Zuge eines Aufforstungspraktikums einige Fledermauskästen herstellen und bis zum Frühjahr 2019 in städtischen Waldflächen anbringen. Eine Art sozialer Wohnungsbau für Fledermäuse also. Die Kästen dienen als Quartier für die Nachtschwärmer. Dort können sie sich tagsüber aufhalten, ihre Jungen zur Welt bringen oder ihren fünf monatigen Winterschlaf halten.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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