An 365 Tagen geöffnet:Golf-Ass im Winter

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Der Präsident des Golfklubs Bergkramerhof, Josef Hingerl, wirbt mit seiner Indoor-Anlage um Mitglieder. Doch das Gebäude, in dem sich die Anlage befindet, soll abgerissen werden und Platz für ein neues Hotel machen

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Wenn es draußen winterlich wird, verwaisen die meisten Golfplätze. Bei der Golfanlage Bergkramerhof in Wolfratshausen ist das jedoch anders. "Golf an 365 Tagen im Jahr" - mit diesem Slogan wirbt der Klub auf seiner Internetseite. Solange es das Wetter zulasse, sagt Präsident Josef Hingerl, könne man die 18 Loch auf dem etwa 70 Hektar großen Grün mit Bergpanorama über der Loisachstadt spielen. Und so trifft man dort auch an einem Nachmittag im November Sportler, die ihre Golftaschen übers Gelände rollen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die meisten wollen allerdings in die Tenne des dreiseitigen Gutshofs in den ersten Stock, um in der Indooranlage ihre Abschläge zu üben. Dort gibt es fünf mit Netzen versehene Abschlagboxen und einen Simulator. Vor dem haben Elfriede Irmler und Max Gämmerler zu ihren Schlägern gegriffen: Auf einer mit Sensoren versehenen Leinwand können sie aus zirka 100 verschiedenen Golfplätzen der Welt wählen, wo sie spielen wollen. Sie schlagen den Ball auf die Leinwand, und der Computer berechnet, wo er gelandet wäre. "Wir sind zum dritten Mal hier", verrät Gämmerler, während Irmler mit ihrem Driver die weiße Kugel gekonnt in Richtung virtuellem ersten Loch auf die Leinwand drischt. "Normal spielen wir am Golfplatz in Beuerberg, aber der hat keine Indooranlage, und wir wollen ein bisschen trainieren." Ein Angebot, das im Süden von München einmalig sei, betont Golfplatzbetreiber Hingerl. Auch der Münchner Golfklub trainiere hier regelmäßig mit seiner Jugendmannschaft.

Josef Hingerl ist seit zehn Jahren Präsident des Golfklubs. (Foto: Matthias Köpf)

Geht es jedoch nach dem Eigentümer des Geländes, Helmut Danhuber, soll der aus den 1930er-Jahren stammende Bergkramerhof, in dem unter anderem die Indooranlage, das Sekretariat und der Golfshop untergebracht sind, bald abgerissen werden: für ein Hotel der gehobenen Mittelklasse, mit 80 bis 100 Zimmern. Danhuber will schon seit Jahren ein Hotel an dieser Stelle errichten. 2011 hatte er einen Bau mit 140 Betten im Stil der Wolfratshauser Burg geplant, der jedoch abgelehnt wurde. Das Hotel in exponierter Alleinlage hätte den Vorgaben des Bayerischen Landesentwicklungsprogramms (LEP) nicht entsprochen. Dass das inzwischen geändert wurde, macht dem Besitzer wieder Hoffnung. Die neuen Pläne des Ickinger Architekten Andreas Schmauser sehen ein dreistöckiges Gebäude vor, das sich "optisch in die oberbayerische Landschaft und den typischen Baustil einfügen" soll. "Nicht ein Danhuber oder der Bergkramer Hof brauchen ein Hotel", sagt der Eigentümer, "sondern Wolfratshausen und Geretsried".

In Reihe und Glied parken die E-Carts vor dem Bergkramer Hof, der bald einem Hotel weichen soll. In dem Gebäude befindet sich auch die Indoor-Anlage. (Foto: Fotos: Hartmut Pöstges)

Ähnlich sieht das der Wolfratshauser Stadtrat, der bereits im April beschlossen hat, den Flächennutzungsplan zu ändern, damit der Bau möglich wird. Bürgermeister Klaus Heilinglechner begrüßt die Pläne. "Wolfratshausen hat viel zu wenig Übernachtungsmöglichkeiten", sagt er. "Der Standort nahe der Autobahn wäre optimal für ein Hotel. Es würde keinen zusätzlichen Verkehr in die Stadt bringen, und wäre in dieser Lage etwas, das den Leuten in Erinnerung bleibt." Bis die Genehmigungen aller Behörden und Kommunen vorliegen, dauert es laut Danhuber jedoch noch mindestens zwei Jahre. Dann will er einen Investor für das Projekt suchen. "Wenn sich keiner findet", sagt er, "werde ich das Hotel selber bauen".

(Foto: Hartmut Pöstges)

Auch er habe die Hotelpläne schon immer positiv gesehen, betont Pächter Hingerl - bereits als er den Golfklub 2007 übernommen habe. "Das Projekt ist sehr wichtig für die ganze Gegend", sagt er. "Schließlich gibt es im ganzen Oberland kein gescheites Hotel." Die etwa 500 Mitglieder des Golfklubs kämen zwar überwiegend aus dem nahen Umfeld und seien nicht auf Übernachtungsmöglichkeiten angewiesen. Dem Tourismus aber könne das Hotel nur guttun. Der Betrieb des Golfplatzes jedenfalls soll von den Abrissplänen unberührt bleiben. Bis die umgesetzt werden, dauere es allerdings noch mindestens fünf Jahre, sagt Hingerl. Sein Pachtvertrag läuft noch bis 2022. Danhuber will ihn in jedem Fall erfüllen, und Hingerl hat bereits Interesse bekundet, ihn zu verlängern.

Der Golfplatz am Bergkramer Hof hat eine bewegte Geschichte: Das Grün wurde 1994 zunächst mit neun Loch angelegt, bereits drei Jahre später musste die Golfanlage Wolfratshausen GmbH unter dem damaligen Betreiber Hubertus Angstl Konkurs anmelden. Alle Anteile und die Pachtrechte gingen dann an die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen über, 1999 wurde die Anlage um neun zusätzliche Bahnen erweitert. 2007 schließlich übernahm der Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Hingerl den Betrieb der Golfanlage, die zum Großteil auf Wolfratshauser Wasserschutzgebiet liegt. 2013 wurden in den Schächten auf dem Gelände erstmals Spuren von Keimen und Pestiziden gefunden. Als dann ein Grundbucheintrag auftauchte, der für das Gelände Düngemittel faktisch verbietet, sprach Landrat Josef Niedermaier schon vom "Aus für den Golfplatz". Hingerl aber stellte die Platzpflege um, die heute auf der Homepage des Klubs als "eine Oase praktizierter Ökologie" bezeichnet wird: Seit 2014 werden auf dem gesamten Gelände keine chemischen Pflanzenschutzmittel mehr verwendet, seit vergangenem Jahr nur noch Handmäher eingesetzt. Um schädliche Pilze abzutöten, nutzen die Klubbetreiber UV-C-Licht, das abends mit großen Scheinwerfern von Traktoren auf den Rasen gestrahlt wird. Seitdem ist die Konzentration der Schadstoffe in den Untersuchungen deutlich zurückgegangen. Hingerl hat aus der Not eine Tugend gemacht und bewirbt die Anlage heute als "ersten ökologischen Golfplatz in Deutschland". Gerade hat er einen Imagefilm drehen lassen, in dem er dieses Alleinstellungsmerkmal und die anderen Vorzüge des Wolfratshauser Platzes anpreist. In dem sechsminütigen Video, das demnächst auf der Homepage des Klubs zu sehen sein soll, hebt der Präsident die Indooranlage, das Alpenpanorama und die gute Anbindung hervor.

Er selbst sei leidenschaftlicher Golfer, seit er vor 21 Jahren die Geschäftsführung eines Golfhotels im Fichtelgebirge übernommen habe, sagt Hingerl. Den Wolfratshauser Klub nennt er gerne "bayerisch bodenständig": "Die Leute denken immer, Golf sei elitär", sagt Hingerl. "Aber das sind Vorurteile." Der Bergkramerhof sei seit zehn Jahren "völlig offen", betont der Klubchef - und verweist auf die wöchentlichen Begegnungsabende mit philosophischen Diskussionen und Buchvorstellungen, die für alle Bürger gedacht seien.

Das gilt auch für den Gasthof "der Bergkramer" auf dem Gelände, der von den Abrissplänen Danhubers nicht betroffen ist. Dort soll seit November Ubirajara Almeida als neuer Wirt frische Akzente setzen. Der Brasilianer aus Rio de Janeiro lebt seit 22 Jahren in Deutschland. Nach Stationen in Berlin und München habe er nun die Möglichkeit, "hier etwas Neues zu machen", sagt der 55-Jährige. Sein Ziel sei es, "die Sonne in die bayerische Küche zu bringen". So gebe es nicht nur Caipirinhas, sondern auch "Gerichte mit exotischem Touch" wie etwa Knödel an Mangosauce oder Schweinefilet mit Maracuja. Almeida wird, anders als sein Vorgänger, den ganzen Winter für die Gäste da sein. Passend zum Golfbetrieb, der auch in der kalten Jahreszeit nicht ruht.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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