Amtsgericht Wolfratshausen:Onaniert, nicht uriniert

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Ein Familienvater soll ein Ehepaar auf einem einschlägig bekannten Parkplatz in der Pupplinger Au belästigt haben. Vor Gericht schildert er die Tat jedoch anders.

Matthias Köpf

Das letzte Wort vor dem Urteil hat stets der Angeklagte, und sogar der brachte dabei am Mittwoch vor dem Wolfratshauser Amtsgericht das Onanieren und das Urinieren durcheinander. Amtsrichter Helmut Berger hat derlei Erklärungen ohnehin schon zu oft gehört: "Es ist immer derjenige, der austritt und beim Verpacken des Ganzen missverstanden wird", sagte Berger nach einstündiger Verhandlung, sprach den 30-jährigen Familienvater aus einer kleinen Gemeinde im Nordlandkreis wegen "exhibitionistischer Handlungen" schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Euro.

Die Erklärung, die der Angeklagte vorbrachte, glaubte Richter Berger nicht: "Es ist immer derjenige, der austritt und beim Verpacken des Ganzen missverstanden wird." (Foto: dpa)

Schon der Tatort ist auch über Wolfratshausen hinaus einschlägig bekannt: Ausgerechnet auf dem ersten Parkplatz in den Isarauen zwischen Puppling und Ascholding wollte der Angeklagte Ende Juli vergangenen Jahres nach eigenen Angaben Wasser lassen und sich dann die Beine vertreten, bis eine Wolfratshauser Tankstelle die Backwaren vom Tage ab 21 Uhr billiger verkaufe.

Das mit dem Urinieren am Parkplatzrand hat ein Ehepaar zunächst genauso gesehen, das Zeuge erst seiner Handlungen und dann im folgenden Prozess wurde. Als sich der Mann auf der anderen Seite des Parkplatzes zu ihnen umgewandt habe, sei es zwischen seinen Beinen dann aber zu ganz anderen Manipulationen gekommen, die der Ehemann in gewissen sprachlichen Nöten dann in geradezu klassischer Gestik vor dem Richtertisch nachvollzog.

Die Eheleute waren im Auto auf dem Parkplatz gestanden, weil die Frau, die am Steuer saß, telefonieren wollte. Sie hatte das Telefon schon zur Hand, und als der Angeklagte dann mit mittlerweile geschlossener Hose bis auf wenige Meter herangekommen sei und sie durchs Fenster angestarrt habe, da habe sie die Polizei angerufen und dies auch so lautstark angekündigt, dass der Mann zügig mit seinem Auto das Weite gesucht habe.

Die Polizei spürte den Mann anhand der Autonummer auf, die der Ehemann notiert hatte. Dem folgenden Strafbefehl der Staatsanwaltschaft über 30 Tagessätze hatte der Mann widersprochen und es auf einen Prozess ankommen lassen - obwohl dieses Strafmaß nach Ansicht von Richter Berger "ein Schnäppchen" gewesen wäre.

Verteidiger Johann Stark versuchte, wegen der Entfernung zwischen den Eheleuten und dem Angeklagten, wegen der schon tief stehenden Sonne und wegen vergleichsweise vager Beschreibungen dessen, was zwischen den Beinen des Mannes zu sehen war, Zweifel an der Beobachtung der Zeugen zu säen. Beim Richter keimte aber höchstens der Ärger: "Was soll's denn sonst gewesen sein?", fragte Berger und verdoppelte die Tagessätze aus dem Strafbefehl, die auf ein angenommenes Geständnis hin berechnet worden waren.

© SZ vom 12.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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