Amtsgericht:Schimpftirade am Telefon

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Ein 52-Jähriger beleidigt einen Polizisten mit einem Songzitat und wird zu einer Geldstrafe verurteilt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Der Angeklagte fühlt sich missverstanden: "Ich habe mich einfach verlassen gefühlt", sagt der 52-jährige Schlosser zu dem Polizisten vor dem Amtsgericht Wolfratshausen. Mit ihm hat er in einer Novembernacht des Vorjahres telefoniert, weil er sich bedroht fühlte - es war nicht das erste Gespräch dieser Art. Der Mann will erklären, warum der Satz "Jeda Gendarm is bei mir im Orsch daham" am Ende gefallen ist. Als er das sagte, habe er gedacht, schon aufgelegt zu haben, berichtet er. Persönlich habe er niemanden beleidigen wollen. Das Zitat aus dem Lied einer österreichischen Band habe allein seine Tochter - sie saß neben ihm im Auto - hören sollen. Ihr habe er verdeutlichen wollen, wie schlecht er sich behandelt fühlte. Dass er sogar noch vom Platz verwiesen wurde, versteht der Mann nicht.

Wegen Beleidigung - der Polizist hat den Mann angezeigt - verurteilte Amtsrichter Helmut Berger den Angeklagten am Montag zu einer Geldstrafe von 450 Euro. In jener Novembernacht hatte der Mann erstmals gegen 20 Uhr in der Polizeiinspektion angerufen. Er berichtete, bedroht zu werden und forderte, eine Streife vorbeizuschicken. Der Bitte, in die Inspektion zu kommen, um Anzeige zu erstatten, folgte er nicht. Stattdessen rief er erneut an und beschwerte sich. Polizisten wurden zu dem Mann vorbeigeschickt und fuhren wieder weg, als sie außer dem Angeklagten nichts Verdächtiges entdeckten. Gegen 22 Uhr alarmierte sie der Schlosser erneut und behauptete, von Jugendlichen verfolgt zu werden.

Wie ein Streifenpolizist berichtete, habe der Mann mit seiner Tochter im Auto gesessen. Etwas abseits hätten Jugendliche vor ihrem Wagen gestanden. Die jungen Leute hätten erklärt, selbst von dem Angeklagten mit dem Auto verfolgt worden zu sein. Jetzt hätten sie Angst. Die Reaktion des Polizisten: Er schickte die jungen Leute nach Hause und sprach einen Platzverweis für den Angeklagten aus.

Der Mann fuhr mit dem Wagen davon und rief eine Stunde später erneut die Polizei an. Er fuhr durch das vom Platzverweis betroffene Gebiet und wollte wissen, ob er "zum Pinkeln" aussteigen dürfe. Mit einem Polizisten diskutierte er aufgebracht am Telefon, was ein Kollege über die Lautsprechertaste mithörte. Laut den Beamten ist das Gespräch mit der Beleidigung beendet worden. Die Worte seien nahtlos ohne Pause davor gefallen. Deshalb glaubten die Polizisten nicht, dass der Angeklagte das Telefonat für beendet hielt.

Bei der Polizei in seinem Wohnort fällt der Schlosser schon länger auf. In der Inspektion hat er wiederholt angerufen, weil er sich bedroht fühlte. Nach Darstellung der Polizisten ist es womöglich umgekehrt. "Er verfolgt sehr oft Leute", schildert ein Beamter vor Gericht. Der Mann mache Fotos, worauf er selbst von den Personen fotografiert werde, denen er hinterherlaufe. Dann behaupte der Angeklagte, dass er selbst verfolgt werde. In den Telefonaten reagiere der Mann erst ängstlich, dann aufgebracht.

Nach den Aussagen der Polizisten ging die Staatsanwältin von einer absichtlichen Beleidigung aus. Sie verlangte eine Geldstrafe von 600 Euro. Amtsrichter Berger blieb unter der Forderung, hielt den Mann jedoch für schuldig. Laut Zeugenaussagen spreche nichts für ein Gesprächsende vor dem beleidigenden Satz. Der Polizist habe nur seinen Dienst getan. "Er muss sich so etwas überhaupt nicht bieten lassen", sagte Berger.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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