Amtsgericht:Mutter schlägt Kind mit Kochlöffel

Lesezeit: 2 min

37-jährige Geretsriederin wird zu Bewährungsstrafe verurteilt

Von Julian Erbersdobler, Wolfratshausen

Es sind eindrückliche Worte, die Richter Urs Wäckerlin am Ende der Verhandlung im Sitzungssaal wählt. Sie sind direkt an die Angeklagte adressiert: "Von diesem Urteil soll das Signal ausgehen, dass so etwas nie wieder passiert. Nie! Nie!" Wäckerlin meint damit, dass die 37-Jährige ihr Kind nie wieder verletzt. Das hatte ihr die Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Die Geretsriederin soll ihre heute elfjährige Tochter von 2007 bis 2014 mehrmals geschlagen haben - mit einem Kochlöffel, aber auch mit der Hand. Am Ende der Verhandlung im Wolfratshauser Amtsgericht wird die Angeklagte zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt. Der Bewährungszeitraum beträgt zwei Jahre, das Minimum, wie der Richter erklärt.

"Ich glaube, dass sie erkannt haben, dass sie ihrer Tochter Schmerzen zugefügt haben", sagt Urs Wäckerlin nach der Urteilsverkündung zu der Frau. Sie nickt und kämpft mit den Tränen. Zuvor hatte ihr Verteidiger Manfred Fuchs erklärt, dass seine Mandantin in therapeutischer Behandlung sei. Im Alter von sechs Jahren habe sie einen schweren Unfall mit einem Auto gehabt. "Danach lag sie zwischen vier und fünf Monate im Koma", so Fuchs.

Außerdem seien auch viele ihrer Beziehungen mehr als "unglücklich" verlaufen. Unter anderem erwähnt der Verteidiger einen Mann, der sie nur geheiratet haben soll, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Dann soll er sie wieder verlassen haben. "Wir möchten damit nichts beschönigen, aber über den speziellen Hintergrund aufklären", sagt er. Seine Mandantin habe eingesehen, dass sie Fehler gemacht habe. Zur Sprache kommt im Laufe der Verhandlung auch ein psychiatrisches Gutachten über die Geretsriederin. Aus diesem gehe eine "Verminderung der Steuerungsfähigkeit" hervor, so Wäckerlin.

Die Tochter der Angeklagten lebt mittlerweile in einem Heim in Kempten. "Ich leide sehr darunter, dass mein Kind woanders aufwachsen muss", erzählt die Mutter. Um die Sicht der Mädchens zu erfahren, wurden vor Gericht Videoaufnahmen der Elfjährigen gezeigt - allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aufnahmen, die auch dem Richter nahe gehen. "Das macht mich jedes Mal wieder betroffen, wenn ich vor Gericht Videos von Kindern sehe, die so etwas schildern", sagt er. Niemand könne ihre Taten rückgängig machen. "Sie hatten viele Probleme in der Ehe. Aber es gibt eine Person, die dafür nichts kann und das ist Ihre Tochter." Mittlerweile ist die Angeklagte von ihrem Mann geschieden. Beim Maß der Strafe, sagt Urs Wäckerlin, habe er vor allem auf eine Sache geachtet: "Mir ist wichtig, dass die Angeklagte die Möglichkeit bekommt, nach vorne zu schauen. "Ich wünsche mir, dass Ihre Tochter bei Ihnen wieder geborgen ist."

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: