13 eingeschlagene Scheiben:Eine Spur der Verwüstung

Lesezeit: 2 min

Rektor Josef Märkl ist entsetzt über eine nie da gewesene Zerstörungswut in Waldram - die Kinder sind schockiert.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

Seit über 30 Jahren ist Josef Märkl im Schuldienst tätig und hat in dieser Zeit viel erlebt, auch immer wieder Fälle von Vandalismus. "Aber diese Form und dieses Ausmaß der Zerstörung gab es bislang noch nicht, das hat eine neue Qualität an krimineller Energie erreicht", sagt der Schulleiter der Grund- und Mittelschule in Waldram.

Wie die Polizei mitteilte, warf eine Gruppe von Jugendlichen am frühen Samstagabend mit Steinen auf Scheiben der Grund- und Mittelschule in dem Wolfratshauser Ortsteil. Im Anschluss war die Gruppe laut Zeugenaussagen von Anwohnern zunächst Richtung Radweg gelaufen und marodierte später in Waldram weiter: Unter anderem warfen sie mit einem Pflasterstein die Terrassentür eines Hauses an der Föhrenwaldstraße ein. Der von der Polizei auf 10 000 Euro geschätzte Schaden sei "sehr wahrscheinlich nur die Untergrenze, es wird vermutlich deutlich höher liegen, was alleine die Schäden an der Schule betrifft", glaubt Märkl. Denn: Die Scheiben waren dreifach verglast, hatten spezielle Thermoeigenschaften und waren als Sondermaße angefertigt worden im Rahmen der Renovierung des Gebäudes 2011.

Die Eingangstüren der Waldramer Schule wurden eingeschlagen und nun notdürftig mit Pappe abgedichtet, damit sich keiner verletzt und die Kälte nicht durchzieht. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Spur der Verwüstung ist am Montag noch deutlich: Allein 13 zerstörte Scheiben zählt die Schulleitung. Mehrere großflächige Fenster sind so netzförmig gesplittert, dass man eher auf Schüsse denn auf Steinwürfe tippen würde. Die eingeschlagenen Gläser der Eingangstüre wurden durch Pappe ersetzt, um die Schüler vor der Winterkälte zu schützen. Drei Schülerinnen der Grundschule, auf ihrem Weg zur Mittagsbetreuung, sind über den Anblick entsetzt: "Schrecklich" sei es, und es mache ihnen "Angst, dass Jugendliche so etwas machen". Märkl bestätigt, dass insbesondere die jüngeren Schüler von dem Vorfall "emotionalisiert" seien: "Sie spüren, da ist etwas passiert, das nicht in Ordnung ist." Deshalb gehe das Kollegium offensiv mit dem Thema um und spreche in den Klassen darüber.

Ein konkretes Problem an der Waldramer Schule: Weder der Pausenhof der Grundschule noch der der Mittelschule sind abschließbar umzäunt. Denn über sie hat die Öffentlichkeit Zugang zum Sportheim und zur Bücherei. Hier nachzurüsten ist für Märkl keine Lösung: "Jemand, der so viel kriminelle Energie hat, Scheiben derart einzuschlagen, der klettert auch über einen Zaun." Fälle von Vandalismus kämen gerade in nicht spannungsfreien Räumen wie eben Schulen immer wieder vor, weiß Märkl. "Das sind Grenzüberschreitungen, und ich sehe durchaus eine Tendenz, dass Grenzen in unserer Gesellschaft immer weniger respektiert werden." Der jüngste Vorfall habe eine Qualität erreicht, die ihn entsetze und ratlos mache. "Die Schule stößt inzwischen an ihre Grenzen, was man tun kann", sagt der Rektor. Neben Gesprächen mit den Schülern habe die Schulleitung bereits zwei Elternbriefe aufgrund früherer Vorfälle im laufenden Schuljahr herausgegeben. In einem Punkt zieht Märkl sogar eine Parallele zur Silvesternacht in Köln: "Menschen, die sich gegenseitig hochschaukeln und mit ihren kriminellen Taten sicherer glauben, weil sie sich in der Gruppe geschützt und weniger leicht identifizierbar fühlen." Eine ähnliche Dynamik vermutet er auch in Waldram. Doch die Konsequenz aus Köln, nämlich die Frage nach Videoüberwachung, hält er an der Schule für nicht praktikabel: "Zu Vandalismus kommt es, wenn man sich unbeobachtet fühlt. Aber es wird immer Bereiche geben, die nicht überwachbar sind, etwa die Toiletten." Videoüberwachung sei bereits mit dem Elternbeirat und dem Sachaufwandsträger, der Stadt Wolfratshausen, diskutiert, aber verworfen worden. Letztlich, glaubt Märkl, brauche es Eltern, die vorleben, dass man sich an Regeln der Gesellschaft hält. Und hartes Durchgreifen für jene, die Grenzen nicht einhalten, "denn Vandalismus ist kein Kavaliersdelikt". Märkl hat deshalb Strafanzeige gestellt. Inzwischen haben sich mehrere Zeugen bei der Polizei gemeldet, wie Hauptkommissar Ingo Wagner bestätigt: "Die Ermittlungen laufen."

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: