100 Jahre Frauenwahl:Ein hart erkämpftes Recht, das es zu nutzen gilt

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Cornelia Irmer bei ihrer Ansprache im Wolfratshauser Kino. (Foto: Hartmut Pöstges)

Altbürgermeisterin Cornelia Irmer ermuntert Frauen bei einem Film- und Diskussionsabend, sich politisch zu engagieren

Von Nils Hannes Klotz, Wolfratshausen

Politik braucht mehr Frauen. Dieser Überzeugung ist Cornelia Irmer, Altbürgermeisterin von Geretsried. Die Zusammensetzung der politischen Gremien bilde nicht annähernd das Geschlechterverhältnis in der Bevölkerung ab, erklärte Irmer bei einem Film- und Diskussionsabend anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Frauenwahlrechts in Deutschland. Organisiert wurde der Abend im Wolfratshauser Kino, zu dem sich etwa 50 Frauen und einige Männer einfanden, von Karin Weiß, der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises, und den Landfrauen des Kreisverbandes.

Zur Einstimmung lief das schweizerische Filmdrama "Die göttliche Ordnung" von Petra Volpe aus dem Jahr 2017. Der Film thematisiert die späte Einführung des Frauenwahlrechts in der Schweiz im Jahre 1971. Als die Protagonistin Nora, Mutter zweier Kinder, wieder zu arbeiten anfangen möchte, verweigert ihr Ehemann ihr diesen Wunsch. Er verweist auf das Ehegesetz. In Nora beginnt sich Widerstand zu regen. Sie organisiert eine Veranstaltung im Dorf, bei der ihr aber heftiger Protest entgegenschlägt. Selbst von den Frauen erhält sie zunächst kaum Unterstützung. Sie gibt nicht auf und organisiert einen Frauenstreik bis zum Abstimmungstag am 7. Februar 1971. Eine knappe Mehrheit stimmt schließlich für das Frauenwahlrecht.

"Mich berührt dieser Film zutiefst," sagte Irmer. Er zeige, wie hart das Frauenwahlrecht erkämpft wurde - und dass Frauen durchaus in der Lage sind, Veränderungen herbeizuführen. Auch in Deutschland hätten die Frauen im Kampf für ihr Wahlrecht Schmähungen, Bedrohungen und Verhaftungen in Kauf genommen. Das habe unglaublich viel Mut gebraucht. "Können wir uns vorstellen, was das für die Frauen damals bedeutet hat?" Sie sei immer noch aufgeregt, wenn sie versuche, dem nachzuspüren.

Irmer will mehr Frauen dazu bewegen, politische Ämter zu bekleiden - gerade im Hinblick auf die kommende Kommunalwahl. Frauen machten in der Bevölkerung 51 Prozent aus. Aber in den meisten politischen Gremien liege ihr Anteil bei maximal 30 Prozent. In den 71 Kreisen des Freistaates Bayern gäbe es gerade einmal fünf Landrätinnen. Von den 61 Mitgliedern im Kreistag seien lediglich 18 Frauen. "Woran liegt das?", fragte Irmer und lieferte einige Antworten.

Ehrgeiz werde bei Frauen schnell als unsympathisch hingestellt; bei Männern gelte er als Zeichen von Durchsetzungsfähigkeit. Die Organisation der Familie obliege immer noch zum großen Teil der Frau. Ziel müsse sein, die in Artikel drei des Grundgesetzes verankerte Gleichheit zwischen Mann und Frau, weiter voranzutreiben. Man müsse ja nicht direkt Bundeskanzlerin werden, sagte Irmer. "Politik beginnt zum Beispiel im Elternbeirat im Kindergarten." Unter den Zuschauerinnen befanden sich auch einige aktive Politikerinnen. Sonja Frank (FW) aus Geretsried erzählte, welch harter Ton geherrscht habe, als sie in den Stadtrat eingetreten sei. Sie habe sich dort anfangs schwer getan. Auch habe sie ein schlechtes Gewissen geplagt, ihre Kinder zu vernachlässigen. Unter Irmer als Bürgermeisterin habe sich der Ton deutlich gewandelt.

Ursula Fiechtner, Vorsitzende der Landfrauen des Kreisverbandes, sagte, es gehe auch darum, dass Frauen anderen Frauen politische Positionen zutrauten. Dass in puncto Emanzipation schon viel erreicht worden sei, merkte eine ältere Dame aus dem Publikum an. Mittlerweile sehe sie schon viele Männer Kinderwagen schieben. Das sei vor 30 Jahren noch undenkbar gewesen.

© SZ vom 04.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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