Wohnungsmarkt:Das Leid der Mieter

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Dass ein netter, aber eigentlich normaler Vermieter wie Wolfgang Fischer im Jahr 2018 in München zum Helden wurde, sagt weniger über Wolfgang Fischer aus und mehr über diese Stadt und ihren Wohnungsmarkt. Fischer ist Eigentümer eines Grundstücks in Neuhausen, mit Wohnhaus, Atelierhaus und einer Werkstatt im Hinterhof. Seine Mieter bezahlen zwölf Euro pro Quadratmeter, und Fischer hat nicht vor, die Mieten noch einmal zu erhöhen, solange er lebt. Jedes Mal, wenn eine Familie im Haus ein Kind bekam, senkte er die Miete sogar, um 50 Euro. Auf Kaufangebote von Maklern und Investoren lässt sich Fischer nicht ein. Weil er will, dass sein Grundstück auch künftig so bleibt, wie es ist, hat er es testamentarisch der Genossenschaft Wogeno vermacht. Seit die SZ im Juni über ihn berichtete, haben viele Medien die Geschichte aufgegriffen; nun gilt Fischer als der "netteste Vermieter von München". Er sitzt in Talkshows und ist regelmäßiger Gast beim Mieterstammtisch. Der hat sich im vergangenen Jahr gegründet als Treffpunkt und Diskussionsplattform, nicht nur für geplagte Mieter, sondern für alle, die sich dafür einsetzen wollen, dass das Wohnen wieder bezahlbar wird. Im September demonstrierten etwa 11 000 Menschen unter dem Motto #ausspekuliert. Die Stadt hat die Dringlichkeit des Wohnungsproblems erkannt, sie baut und baut und versucht, an den Stellschrauben zu drehen, an denen sie drehen kann. Seit Juli gilt die kommunale Mietpreisbremse für Mieter von frei finanzierten Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG. Außer dem katholischen Siedlungswerk hat OB Dieter Reiter jedoch noch keinen anderen Vermieter überzeugen können, es der Stadt gleichzutun. Die meisten Mieter sind auf den freien Markt angewiesen. Dort klettern die Preise weiter in die Höhe.

© SZ vom 29.12.2018 / hob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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