Wohnungsbau in München:Parken macht das Wohnen teuer

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Die Grünen kritisieren die Pflicht, für jede neue Wohnung einen Stellplatz errichten zu müssen - schließlich habe ein Drittel der Haushalte gar kein Auto. Einfach streichen will München die entsprechende Satzung aber nicht.

Von Dominik Hutter

Der Zwang, bei Neubauten stets auch Parkplätze einzuplanen, entwickelt sich nach Einschätzung der Grünen zum Hemmschuh beim Wohnungsbau. "Die Stellplatzsatzung verteuert das Wohnen", warnt die grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger - immerhin 15.000 bis 20.000 Euro je Stellplatz müsse ein Bauherr einkalkulieren. Geld, das möglicherweise in den Wind geschossen ist: "Knapp ein Drittel der Münchner Haushalte hat gar kein Auto."

Rückendeckung erhält die Politikerin von den städtischen Wohnungsunternehmen. Gerade im geförderten Wohnungsbau sei der Bau von Tiefgaragenplätzen ein Verlustgeschäft - die GWG schätzt, dass maximal die Hälfte tatsächlich benötigt wird. Die Stellplatzsatzung, da sind sich GWG und Gewofag einig, sei ein "Investitionshemmnis".

Die städtische Stellplatzsatzung verpflichtet Investoren, stets eine bedarfsgerechte Anzahl an Parkplätzen mitzuerrichten. In der Regel ist das ein Stellplatz pro Wohnung, für Gewerbe gilt ein anderer Schlüssel. Die Stadt verfügt über einen detailliert ausgearbeiteten Katalog, von dem allerdings in Ausnahmefällen - Wohnen ohne Auto etwa - mit Genehmigung der Behörde abgewichen werden darf.

Die Satzung geht auf die Bayerische Bauordnung zurück, in der ebenfalls von Parkplätzen "in ausreichender Zahl und Größe und in geeigneter Beschaffenheit" die Rede ist. Auf null herunterfahren dürfte man den Stellplatzbedarf deshalb wohl nicht - aber zumindest eine Reduzierung hält Nallinger für dringend geboten. Denn bei der allmählichen Abkehr der jungen Generation vom Auto handle es sich um einen "langfristigen Trend", das belegten auch Studien. Insofern sei der Stellplatzschlüssel nicht mehr bedarfsgerecht und bedürfe der Überarbeitung. Ohnehin wolle man nicht allzu viele Autos in der Stadt haben.

Endloser Parksuchverkehr rund um die Häuserblöcke

Das Planungsreferat verteidigt jedoch seine Satzung. Für Investoren sei der Verzicht auf Vorgaben immer vorteilhaft, weil man das Angebot dann ganz speziell auf die jeweiligen Kunden zuschneiden und eventuell Geld sparen könne. Aus Sicht der Stadt gehe es aber darum, mithilfe von Mindestanforderungen bauliche Missstände zu verhindern - also vor allem endlosen Parksuchverkehr rund um die Häuserblöcke.

Das Problem ist naturgemäß in der Innenstadt sehr viel größer als am Stadtrand. In den Altbauquartieren ist es zudem wesentlich teurer, Parkplätze zu bauen - meist kommt man um eine teure Tiefgarage nicht herum. Das Planungsreferat versichert, dass die offiziellen Richtwerte dem "objektiven Bedarf" entsprechen. Es gebe derzeit keine Anhaltspunkte, die Zahlen anpassen zu müssen.

"Unser Problem ist: Wir müssen Parkplätze bauen, und nachher steht ein Teil davon leer", berichtet dagegen Gewofag-Sprecher Peter Scheifele. Bei Tiefgaragen seien schätzungsweise 15 Prozent ungenutzt, bei oberirdischen Flächen fünf Prozent. Belastbare Zahlen gebe es nicht. Denn sowohl Gewofag als auch GWG vergeben die Plätze nicht einzeln - sie sind obligatorischer Bestandteil der Mietverträge. Insofern haben die Bewohner gar nicht die Option, auf den Stellplatz zu verzichten. Sie können ihn allenfalls weitervermieten.

Leidtragende dieser Situation sind aber auch die Wohnungsunternehmen selbst. Laut GWG müsste die durchschnittliche monatliche Miete für einen Parkplatz 106 Euro betragen. Dies sei aber im geförderten Wohnungsbau nicht zu erzielen. Tatsächlich komme man nur auf etwa 55 Euro. Die Differenz müsse "als liquide Unterdeckung aus dem Gesamtprojekt erwirtschaftet werden, was die Gesamtrentabilität erheblich senkt". Vermutlich seien Tiefgaragenplätze allenfalls im frei finanzierten Wohnungsbau wirtschaftlich.

Nallinger will sich allerdings nicht auf geförderte Wohnungen beschränken. Der Schlüssel müsse sich stadtweit ändern - bei Wohnungen wie bei Gewerbeparks.

© SZ vom 13.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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