Wettbewerb:"Albers hat Feldmoching verstanden"

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Jury, Stadträte und der Bezirksausschuss-Vorsitzende zeigen sich begeistert vom Entwurf des siegreichen Architekten für das Lerchenauer Feld, auf dem 1600 Wohnungen entstehen sollen. Bei Bürgern und Anwohnern überwiegt weiterhin die Skepsis

Von Jerzy Sobotta, Feldmoching

Man sieht auf den ersten Blick, wer gewonnen hat: Eine große Traube von Menschen steht vor der Plakatwand, an der in frischem Grün der Entwurf der Architektenbüros Amman Albers Stadtwerke aus Zürich und BEM aus München hängt. Darauf geschwungene Straßen, Wohnblocks mit Innenhöfen und ein Grünzug, der sich mitten durch die Siedlung zieht. Die Besucher mustern erst den Entwurf, schauen dann zum Holzmodell. Das gibt einen ersten sinnlichen Eindruck, wie das neue Quartier mit 1600 Wohnungen aussehen könnte, das bis Mitte des kommenden Jahrzehnts auf dem großen, leeren Acker in Feldmoching entstehen soll.

Das Interesse an den drei Siegerentwürfen des städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerbs für das Lerchenauer Feld ist groß. Rund 200 Menschen sind am Montagabend in die Feldmochinger Sporthalle gekommen, um zu erfahren, wie die Häuser zwischen Lerchenauer und Lerchenstraße aussehen werden. Viele sind Nachbarn und besorgt, dass der dörfliche Charakter Feldmochings durch viele neue Bauvorhaben verschwinden könnte. "Bei der Dichte von Wohnungen können wir keine dörfliche Stimmung erzeugen", räumt Martin Albers, der Architekt des Siegerentwurfs, ein. "Aber es wird sich anfühlen wie in der Kleinstadt."

Als Grundlage für die Planungen diene daher ein kleinstädtischer Wohnblock mit mittelgroßem Innenhof und geschwungenen Straßen. Die Idee wurde vom Preisgericht gewürdigt, sagt Franz Pesch, Vorsitzender der Jury. Er weist auch darauf hin, dass die Straßenführung und die Art der Gebäude von Diskussionen beeinflusst sei, die bereits bedeutsame Münchner Stadtplaner wie Theodor Fischer im vergangenen Jahrhundert geführt hatten. Statt eine zentrale Allee zu schaffen, biete jeder Straßenzug eine neue Perspektive und individualisiere die Gebäude. "Der Entwurf verbeugt sich vor den Nachbarn", sagt Pesch im Hinblick auf die niedrigere und aufgelockerte Bebauung am nördlichen Rand, wo das neue Quartier an die bestehenden Gebäude anschließt.

Wettbewerbsgewinner Martin Albers erklärt Bürgerinnen und Bürgern seinen Entwurf. (Foto: Wohnpark Lerchenauer Feld)

Deutlich hebt sich davon der zweite Platz ab. Er arbeitet zwar auch mit offenen Innenhöfen, aber zeigt "klare Kante", wie der Architekt Albert Blaumoser sagt. Die Straßen sind rechteckig angeordnet, die Gebäude sehen mehr nach Tetris aus, denn nach Waldorfschule. Was für das Laienauge konventionell wirken mag, ist sehr durchdacht: "Wir haben uns sehr stark an der Umgebung orientiert", sagt Blaumoser. Nach außen hin verschwinden die Konturen des neuen Quartiers und es spiegele die Struktur Feldmochings. Den Mittelpunkt der Siedlung bildet ein großer Park, der sich ebenfalls rechteckig von Norden nach Süden zieht.

Der dritte Platz der Münchner und Nürnberger Architektenbüros bgsm und Adler Oelsch ähnelt dem Sieger. Doch die Anordnung ist weitläufiger, mit einem markanterem Grünzug, der die Siedlung in zwei Hälften trennt. Die übrigen Grünflächen sind in große Höfe verlagert, die bis ins Detail durchdacht sind. Der Architekt präsentiert Skizzen von Bewohnercafés mit begrünten Dachterrassen, Keller zum Abstellen von Fahrrädern oder wahlweise integrierten Werkstätten. "Für uns ist wichtig, dass das neue Quartier belebt ist. Da muss es etwas anderes geben, als nur Wohnen", sagt Architekt Christian Böhm.

Auf Wohlwollen stößt der Siegerentwurf auch bei den Stadträten Paul Bickelbacher (Grüne) und Heide Rieke (SPD), die zur Vorstellung gekommen sind. Letztere saß auch im Preisgericht. Sie sagt: "Die Struktur passt zu Feldmoching. Sie erdrückt das Viertel nicht." Ein wichtiger Grund dafür, dass Amman Albers nun bereits den zweiten Wettbewerb im Stadtviertel realisieren könnte, nachdem das Architekturbüro bereits das neue Quartier an der Hochmuttinger Straße entlang der Feldmochinger S-Bahngleise geplant hat. "Das zeigt: Albers hat Feldmoching verstanden" sagt Markus Auerbach (SPD), Vorsitzender des örtlichen Bezirksausschusses, der ebenfalls im Preisgericht saß. Es sei der Entwurf mit den meisten Wohnungen, was aber für die Entscheidung nicht der ausschlaggebende Grund gewesen sei. Vielmehr gebe er genügend Raum für weitere Einrichtungen, die bislang im Viertel fehlten. Auerbach wünscht sich beispielsweise ein Vereinsheim oder eine Musikschule.

Noch sind es nur Klötzchen: Laut Albers' Entwurf sollen auf dem Lerchenauer Feld am Ende 1600 Wohnungen entstehen. (Foto: Fotos: Wohnpark, Lerchenauer Feld)

Anmerkungen und Kritik der Bürger hätten einen wichtigen Einfluss auf die Konzepte und die letztendliche Auswahl der Entwürfe gehabt, versichern der Preisrichter und die Eigentümer von der Stadt, der Concept Bau und der Bayerischen Hausbau. Doch das konnte nicht alle Besucher überzeugen. Eine Pinnwand mit der roten Überschrift "Was sehen Sie kritisch?" füllt sich schnell - eine zweite für Lob hingegen nur sehr langsam. "Der Entwurf ist gut - aber der Verkehr kommt zu kurz", regt sich eine Anwohnerin auf. Eine Meinung, die im Raum verbreitet ist.

Dass der Siegerentwurf letztendlich auch umgesetzt wird, ist wahrscheinlich, aber noch nicht entschieden. Denn Investoren und die Stadt verhandeln nun mit den Architekturbüros der ersten drei Entwürfe - und dabei zählt auch das Honorar. "Dass der Erstplatzierte schlussendlich nicht den Auftrag bekommt, ist selten, aber nicht ausgeschlossen", heißt es von einem der Eigentümer. Entscheiden wollen sie sich bis Ende des Jahres. Bis der Stadtrat über einen fertigen Bebauungsplan abstimmen kann, wird es allerdings noch gut drei Jahre dauern.

Alle elf Wettbewerbsarbeiten werden von Dienstag, 19. November, bis einschließlich Freitag, 29. November, im Foyer des Referates für Stadtplanung und Bauordnung, Blumenstraße 28 b, ausgestellt sowie unter www.lerchenauer-feld.de veröffentlicht. Die Ausstellung ist von Montag bis Freitag, 7.30 bis 18 Uhr, frei zugänglich.

© SZ vom 14.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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