Wassersport:Existenzsorgen im Münchner Norden

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Die Kanu- und Rudervereine fürchten, dass die bis zu 100 Millionen Euro teure Sanierung der Olympia-Regattaanlage wieder gestrichen wird.

Von Sebastian Winter, München/Oberschleißheim

Eigentlich haben sie zuletzt gute Nachrichten bekommen, die Ruder- und Kanuklubs an der Olympia-Regattastrecke in Oberschleißheim. Seit einer guten Woche dürfen auch in Bayern wieder alle Bootsklassen gefahren werden - obwohl der Mindestabstand von 1,5 Metern beispielsweise im Vierer leicht unterschritten wird. Aufgrund der Sportausübung an der frischen Luft sei das tolerierbar, findet die Staatsregierung. Ein neuer Termin für die verschobene Euro Masters Regatta ist auch gefunden: vom 16. bis 18. Oktober, wenn die Corona-Regeln bis dahin nicht wieder strenger werden. Es wäre so ziemlich die einzige internationale Veranstaltung auf der Regattastrecke in diesem Jahr. Fast alles wurde bislang abgesagt, zuletzt auch die Drachenboot-DM im September, die der Kanu-Regattaverein München organisiert.

Aber immerhin: Aufs Wasser der 2,2 Kilometer langen Anlage dürfen die rund 2700 Kanuten und Ruderer der zehn ansässigen Vereine wieder, mit ihren weit mehr als 1000 Booten. Allerdings sind ihre mittelfristigen Perspektiven wieder trüber geworden. Denn es ist völlig unklar, ob das Ende 2019 vom Stadtrat verabschiedete Sanierungskonzept für die marode Anlage wegen des wachsenden Schuldenbergs der Stadt nun auch umgesetzt wird. "Wir waren jedenfalls sehr erschrocken, dass wir potenzieller Streichkandidat sind. Das bereitet uns Existenzsorgen", sagt Willi Bock, der Vorsitzende der Rudergesellschaft München 72.

Der Stadtrat prüft das 100-Millionen-Konzept noch mal

Eigentlich sollte Anfang des kommenden Jahres der erste Bauabschnitt beginnen, der allein schon etwas mehr als 61 Millionen Euro kosten soll. Ziel ist es unter anderem, die Anlage zumindest so herzurichten, dass dort die Ruder- und Kanu-Europameisterschaften im Rahmen der European Championships 2022 vorzeigbar über die Bühne gehen können. Über den zweiten Bauabschnitt, der die Gesamtkosten auf rund 100 Millionen Euro steigern würde, sollte ohnehin erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Doch nun steht das gesamte Sanierungskonzept für das in die Jahre gekommene Gelände im Stadtrat zur Diskussion. Im Juli will die Stadtkämmerei eine Liste vorlegen, auf der die Investitionen der kommenden Jahre aufgeführt sind - die olympische Stätte gilt dort nicht unbedingt als oberste Priorität. Und das, obwohl "hier draußen fast 50 Jahre lang nie in den Unterhalt investiert wurde", sagt Bock, der fürchtet, dass die Vereine im Stich gelassen werden: "Wir waren nie die Krakeeler, das rächt sich jetzt."

Karl Kaiser vom Kanu-Regattaverein München hat Verständnis dafür, dass in Zeiten leerer Kassen gespart werden muss. Er hofft zugleich zumindest auf eine "kleinere Lösung". Ins Jurygebäude regnet es ja längst hinein, der Boden wellt sich dort Bock zufolge, die Sanitäranlagen hätten nicht mal mehr den Standard einer Jugendherberge. Die Tribüne bröckelt, steht aber seit 2018 unter Denkmalschutz. Es gibt viele Baustellen an der Grenze von München zu Oberschleißheim. Beschlossen ist längst noch nichts, das Referat für Bildung und Sport lässt knapp mitteilen, dass der Stadtratsbeschluss zur Sanierung der Regattastrecke weiterhin Bestand habe. So darf man gespannt auf die Liste der Kämmerei warten. Bis dahin wird weiter geprüft, was vom 100-Millionen-Konzept übrig bleiben kann.

© SZ vom 02.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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