Tragikomödie:Da sitzen sie noch heute

Lesezeit: 1 min

Nicolas Charaux inszeniert "Warten auf Godot" am Volkstheater.

Von Christiane Lutz

Die Frage, wer Godot eigentlich ist, die stellt heute ja schon gar niemand mehr. Viel zu lang haben sich Anglisten, Theaterzuschauer und Regisseure den Kopf darüber zerbrochen und sind doch zu keiner Antwort gekommen. Genau so, wie Samuel Beckett das von Anfang an gewünscht hatte. Trotzdem wird "Warten auf Godot" noch immer gern inszeniert, vermutlich wegen der Poesie der Sprache, der Melancholie der Figuren, dem feinen Humor und jenem Gefühl des behüteten Verlorenseins in Becketts Szenen. Am Volkstheater hat sich nun Nicolas Charaux das Stück ausgesucht, er inszeniert es mit den Schauspielern Jonathan Müller (Estragon) und Silas Breiding (Wladimir), und Jonathan Hutter als Lucky, Jakob Geßner als Pozzo.

Charaux hat sich entschieden, für seine Inszenierung keine radikale Perspektive zu wählen, sondern den Regieanweisungen Becketts akribisch zu folgen. Davon gibt es in dem minutiös gebauten Stück zuhauf, es sind Sätze wie: "Er nimmt seinen Hut nochmals ab, schaut hinein, fühlt mit der Hand darin herum, schüttelt ihn aus, klopft darauf, pustet hinein, setzt ihn wieder auf." Der gesamte Handlungsablauf ist durch diese Anweisungen gewissermaßen eingezäunt.

Ob es ein Gestern gab, ist ungewiss

Zur Erinnerung: Wladimir und Estragon, die zwei meist als Landstreicher verstandenen Figuren, stehen an einer Straße herum und warten vor sich hin. Sie vertreiben sich die Zeit mit Wortspielchen und Streiterein. Ob es ein Gestern gab, ist ungewiss, sie scheinen sich in einer Art Vakuum zu befinden. Das Auftauchen von Lucky und Pozzo, die in einem Knecht-Herrscher-Verhältnis stehen, lenkt zwar kurz ab, ändert aber auch nichts an der Gesamtsituation. Am Ende ist Godot nicht aufgetaucht.

Klingt desolat. Viele Regisseure entscheiden sich daher, entweder dieses Desolate oder das Humoristische an Beckett besonders hervor zu heben. Charaux strebt eine Ausgewogenheit zwischen den beiden Polen an, aber das Clowneske, das muss für ihn unbedingt genug Raum haben.

Warten auf Godot, Donnerstag, 4. April, 19.30 Uhr, Volkstheater, Brienner Straße 50, t 21 83 73 00

© SZ Extra vom 04.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: