Waldtrudering:Das Team tritt ab

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Christi Himmelfahrt steht vor einem tiefen Einschnitt: Mit Pfarrer Theo Seidl gehen auch die Mitarbeiter Christine Steiner und Albert Mayer in den Ruhestand. Künftig wird ein Administrator die Pfarrei leiten

Von Renate Winkler-Schlang, Waldtrudering

Sie wissen es seit einigen Wochen und haben beim Pfarrfest bereits Abschied gefeiert - doch nun wird es unausweichlich. An diesem Sonntag, 21. Juli, endet mit einem festlichen Gottesdienst um 9.30 Uhr und einer Begegnung mit Brot und Wein im Pfarrgarten eine Ära in der Pfarrei Christi Himmelfahrt: Nach 26 Jahren Dienst in dieser Gemeinde an der Waldschulstraße beginnt für Pfarrer Theo Seidl der Ruhestand.

Gleichzeitig mit ihm geht Gemeindereferentin Christine Steiner, die auf 37 Jahre Engagement zurückblicken kann: Sie war zunächst ehrenamtlich, von 1992 an hauptberuflich tätig. Dazu scheidet Albert Mayer aus, der schon als Ministrant und Pfadfinder in seiner Jugend seine Heimat in Christi Himmelfahrt gefunden hatte und später als Mesner und Hausmeister geradezu unverzichtbar war. Ein Team tritt ab. Immerhin Diakon Stefan Geißler ist noch zu jung für den Ruhestand. Das dreifache Ende eines Arbeitslebens hat sich einfach so ergeben. Doch es bedeutet einen großen Wandel für die Pfarrei, die stets wirkte wie ein Fels in der Brandung von immer neuen Pfarrverbandsgründungen rundum.

Einen neuen eigenen Pfarrer bekommen die rund 7000 katholischen Christen nicht, vielmehr wird ein neuer Pfarradministrator eingesetzt. Dieser muss neben dem Pfarrverband St. Franz Xaver und St. Augustinus, wo sich an diesem Wochenende Pfarrer Czeslaw Lukasz verabschiedet, Christi Himmelfahrt mit betreuen. Offiziell bleibt diese eine Einzelpfarrei, doch Seidl ahnt, was das für seine Ex-Schäfchen bedeutet: "Von der versorgten zur sorgenden Gemeinde" müsse man sich entwickeln. Administrator wird der 39-jährige Björn Wagner aus Bamberg: "Er wird sich aufteilen müssen", so Seidl.

Abschied von Christi Himmelfahrt nehmen Pfarrer Theo Seidl (links), Gemeindereferentin Christine Steiner und Mesner und Hausmeister Albert Mayer. (Foto: Catherina Hess)

Dennoch sagen alle drei, dass nach all den Jahren, in denen alles funktionierte wie ein gut geschmierter Motor, ein wenig frischer Wind nicht schaden werde. Christine Steiner erzählt, anfangs sei sie gleichaltrig gewesen mit den Müttern, die die Erstkommunion vorbereiten, am Ende war sie so alt wie die Omas der Kinder. Seidl hofft, dass der nächste Pfarrer neue Impulse setzt, eine "neue Sprache für die Jugend" findet - und auch eine neue Musik. Das habe er "als Opa, ja Uropa", nicht mehr hinbekommen, sagt der Siebzigjährige schmunzelnd und relativiert sofort: "Wir waren schon noch gut." Mayer ist sicher: "Wer immer es übernimmt, der kann blind auf Vorhandenes zurückgreifen." Nicht zuletzt zähle die Pfarrei rund 400 Ehrenamtliche. Der Mesner und Hausmeister kann sich vorstellen, sich in diese Riege einzureihen und weiter zu helfen, nicht zuletzt bei den Pfadfindern und durch die Altpapiersammlung für die Partnerschule in Burkina Faso. Wenn ihn hier keiner brauche, dann werde er halt dort hinfahren und mittun, sagt er. Christine Steiner wird das nicht mehr mitverfolgen, sie zieht nach Niederbayern.

Doch zunächst blicken alle drei zurück. Seidl hat wohl mehr als 600 Kinder getauft in seiner Waldtruderinger Zeit. Auch in den Gesprächen mit Hinterbliebenen vor einer Beerdigung spürte er oft eine große Nähe. Genossen hat er vor allem die Fahrten, mit der Jugend nach Rom, mit Erwachsenen nach Israel, Santiago oder nach Kleinasien. Er sei aber nicht der "Reiseonkel", meint er, eher schon "die Rampensau". An seinen wortmächtigen Predigten jedenfalls habe er intensiv gefeilt. Lachen müssen die drei, als er erzählt, wie einmal am ersten Advent der große Adventskranz erst schräg hing und dann herunterfiel - während der Predigt. Doch auch die gesellschaftliche Dimension sei immer wichtig gewesen, etwa beim Kirchenasyl, das die Pfarrei einem jungen Syrer gewährte. Ein "liberaler Leuchtturm" sei Christi Himmelfahrt für ihn, sagt Seidl, zum Beispiel habe man sehr früh weibliche Ministranten eingesetzt.

Das Fazit der drei: "Wir haben es gerne gemacht." Seidl mag nicht erzählen, wohin er zieht, seine erste Zusage hat sich zerschlagen. Nun will er erst alles in trockene Tücher bringen. Aber dann werde ihn am neuen Ort, irgendwo in der Stadt, wohl ein Kollege entdecken und zum Helfen auffordern: "Ich bin ja kontaktstark." In der alten Pfarrei weiter zu wirken, sei keine Option, das wäre "wie beim Altbauern im Austragshäusl". Überhaupt werde er erst zum See Genezareth reisen und Bilanz ziehen, nicht zuletzt darüber, was er vernachlässigt habe, "auch bei mir selber". Die Gemeinde hat ihm zum Abschied sein erstes Smartphone geschenkt: Sie will in Kontakt bleiben mit "ihrem" Pfarrer.

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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