Vorschlag-Hammer:Unerwartet neu

Die unmessbare Musikalität im Wettbewerb zu bewerten, ist schwer. Manchmal aber verschlägt es auch Kennern einfach den Atem

Kolumne von Harald Eggebrecht

Wettbewerbe haben etwas Zwiespältiges: Wie soll man so Unmessbares wie Musikalität bewerten, wie "Persönlichkeit" gegenüber den objektiv feststellbaren technischen Qualitäten im Spiel eines Kandidaten? Das heißt, solange quasi beim Jonglieren kein Teller fallen darf, gibt es unumstößliche Fakten. Aber ob diese Kantilene "beseelt" gelang oder jene Kadenz ausdrucksvoll war, darüber lässt sich gut streiten, ohne je zu einem befriedigenden Ende zu kommen.

Letzthin aber konnte man beim Wettbewerb "Ton und Erklärung" in Frankfurt etwas ganz Seltenes erleben, dass auch hart gesottenen Kennern den Atem verschlug und sie nötigte, vor Aufregung auf ihren Sitzen nach vorn auf deren Kanten zu rutschen. Da spielte der 18-jährige Qingzhu Weng Tschaikowskis wohlbekanntes Violinkonzert mit dem HR-Symphonieorchester unter Elias Grandy. Aber statt das Stück mit jugendlicher Lust über Stock und Stein nach üblicher Konvention zu jagen, erkundete er dieses große Konzert mit unglaublichem Gefühl für die Gestaltung der musikalischen Zeit. Das war so spannend und erhellend, dass es allen als Neuentdeckung des Konzerts erscheinen musste. Das tollste, Weng spielte es erstmals mit Orchester! Von diesem jungen Mann werden wir noch viel hören.

Zuvor geht's zu Pierre-Laurent Aimard und dem Kölner Gürzenich-Orchester im Prinzregententheater (16. 2.); Dienstag (18.2.) muss man sich entscheiden etwa für den Pianisten David Fray im Prinzregententheater, oder den Geiger Nemanja Radulovic im Gasteig, oder fürs Klavierduo Tal & Groethuysen mit Raphaela Gromes, Cello, und Sergey Malov, Violine, im Herkulessaal.

© SZ vom 15.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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