Viktualienmarkt:Schnapsreigen

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Christl Lang (rechts) und ihre Marktweiber. Die Kleider symbolisieren die Stände, an denen die Frauen arbeiten. (Foto: Florian Peljak)

Gut 7000 Faschingsfans erfreuen sich am Tanz der Marktfrauen

Auch der Fasching ist politisch. Bei den Karnevals-Umzügen im Rheinland sowieso. So deftig wie auf den großen Wagen dort fällt das närrische Politisieren in München traditionsgemäß nicht aus. Schließlich gibt es hier ja auch bald schon das Derblecken. Ein bisschen Politik fehlte aber auch beim hiesigen Höhepunkt der fünften Jahreszeit nicht - dem Tanz der Marktweiber auf dem Viktualienmarkt am Faschingsdienstag. Zwei Beispiele: Ein langbeiniger Feiernder, der verkleidet in Mini-Rock, Strumpfhosen, Blazer und mit Angela-Merkel-Maske vor dem Gesicht die Unions-Debatte um die Kanzlerin-Nachfolge aufs Korn nahm.

Und dann Elke Fett, die Sprecherin der Marktkaufleute vom Viktualienmarkt, die vor dem Reigen der Standl-Verkäuferinnen das Wort an die Zuschauer richtete. Für die nahende Kommunalwahl gab Fett eine ziemlich unzweideutige Wahlempfehlung ab. Zu berichten für wen, widerspräche dem Neutralitätsgebot. Doch so viel sei der Vollständigkeit halber erlaubt: Für das kommende Jahr wünscht sich Fett auf der Bühne wieder "den amtierenden Oberbürgermeister neben uns", "wenn's gut nausgeht", was auch immer das bedeuten mag.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte seine Teilnahme an allen Faschingsveranstaltungen nach den tödlichen Attacken in Hanau für dieses Jahr abgesagt. Und natürlich spielte auch der mutmaßliche Angriff auf den Rosenmontagsumzug im nordhessischen Volkmarsen mit mehr als 50 Verletzten eine Rolle. Kommunalreferentin und OB-Kandidatin Kristina Frank (CSU) äußerte Anteilnahme, sagte aber auch vorab: "Wir dürfen dem Terror nicht unser Leben widmen und auch trotzdem feiern".

Diesem Appell kamen die rund 7000 Besucher auf dem Viktualienmarkt, so viele zählte die Polizei in den von Konfetti überzogenen Marktgassen, und die zehn tanzenden Marktfrauen auf der Bühne dann auch eifrig nach - an einem lauen Februarmorgen, der sich windbedingt aber trotzdem winterlich anfühlte. Trotz Unwägbarkeiten in der monatelangen Vorbereitung ("alle haben wir eine Grippe gehabt", Marktweibersprecherin Christl Lang) führten sie in den aufwendigen Kostümkleidern ein Dutzend einstudierte Nummern auf, zwei mehr also als üblich. Dazu noch eine Handvoll Walzer. Immerhin war es ein Schnapszahl-Jubiläum: Dieses Jahr veranstalteten sie den Tanz zum 33. Mal.

© SZ vom 26.02.2020 / pvn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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