Viertel-Stunde:Insel der Menschlichkeit

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Mit großem Herzen: Emmanuel Rotter. (Foto: Florian Peljak)

Das Haneberghaus im Kloster St. Bonifaz ist seit 25 die Anlaufstelle für wohnungslose Menschen. Es ist ein Ort, von dem niemand weggeschickt wird

Von Stefan Mühleisen

Einige stehen nur da und nippen an ihrem Kaffee, andere haben sich in eine Ecke des Klosterhofes verzogen, ziehen dort still an ihrer Zigarette. Wieder andere unterhalten sich lebhaft, gestikulieren, lachen - und es ist kein Lachen der Verzweiflung, wie man annehmen könnte an diesem Ort, an dem sich täglich bis zu 250 der ärmsten Menschen Münchens treffen.

All die Obdachlosen, Hartz-IV-Empfänger, mittellosen Rentner und Migranten, die ins Haneberghaus im Kloster St. Bonifaz an der Karlstraße kommen, wissen: Sie werden als Gäste behandelt, nicht als Bittsteller. Und jeder Gast hat seine Art, diesen Ruhepol im sonst unsteten und bettelarmen Leben zu genießen. "Es ist ein Ort, von dem sie nicht weggeschickt werden", sagt Emmanuel Rotter, den alle nur Frater Emmanuel nennen. Der Benediktinermönch hat vor 25 Jahren diese Anlaufstelle für wohnungslose Menschen gegründet und aufgebaut.

Als er die Wohltätigkeit für Bedürftige nach seinem Eintritt ins Kloster 1990 ausbauen wollte, eckte er durchaus an. Emmanuel Rotter war damals 23 Jahre jung , hatte Hauptschule, Schreiner- und Krankenpflegerlehre hinter sich. Er hatte das Klosterleben in Andechs, dem Wirtschaftsgut von St. Bonifaz, kennen- und schätzen gelernt und war nach der Ordensregel ein Professe, also eine Art Mönch auf Zeit: "Die meisten Mitbrüder hatten Bedenken, ob ich wohl im Kloster bleibe. Sie waren sehr alt, alleine hätten sie das nicht stemmen können."

Die Sorgen waren unbegründet - Emmanuel blieb, was bis heute ein Segen für obdachlose Menschen in München ist. Zwölf Hauptamtliche und 20 Ehrenamtliche stehen bereit, dazu eine Ärztin und eine Handvoll Krankenpfleger. Jeder Gast bekommt zu essen und zu trinken, kann duschen oder bekommt bei Bedarf etwas aus der Kleiderkammer.

Das Gros der Nachbarn stört sich nicht am lebendigen Leben des Klosters; nur wenige aus den Neubauten beschweren sich. Frater Emmanuel: "Ich wünsche mir sehr, das Haneberghaus schließen zu können, denn dann gäbe es keine Armut mehr. Doch das wird ein Wunsch bleiben."

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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