VfR Garching:Gleichschritt bis zum Schluss

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Gleicht knallt’s: Garchings Innenverteidiger Florian Pflügler köpfelt den Ball nach einer Ecke an den Innenpfosten. (Foto: Claus Schunk)

Großchancen, Aluminiumtreffer, Tore: Garching und Bayreuth zeigen sich in nahezu allen Belangen ebenbürtig. Auch die Gefühle der Gastgeber nach dem Remis sind irgendwie unentschieden.

Von Nico Horn, Garching

Da saßen sie nun, die Fußballer des VfR Garching, und wussten nicht recht, ob sie sich freuen sollten. Nicht ganz unzufrieden, aber auch nicht ganz happy sei man, beschied Kapitän Dennis Niebauer. Und genau so schauten er und seine Mitspieler drein, als sie sich um die Ersatzbank versammelt hatten. Das 1:1 gegen die Spielvereinigung Bayreuth löste laut Niebauer "gemischte Gefühle" aus. Und auch sein Trainer Daniel Weber wusste nicht so genau, "ob der Punkt weiterhilft" - obwohl es ja heißt, dass im Abstiegskampf jeder Punkt zählt. Aber gefühlt habe man "einen Tick mehr hundertprozentige Chancen" gehabt als der Gegner.

Wahrscheinlich entstand dieses Gefühl unter dem Eindruck der in der 94. Minute vergebenen Chance, einer hundertprozentigen. Die Garchinger eroberten nach einem Einwurf Bayreuths den Ball, und plötzlich stand der eingewechselte Emre Tunc fünf Meter vor dem Tor. Aber so frei, wie er stand, so weit schoss er auch drüber. Und deswegen blieb es beim Unentschieden - was man beim VfR schon okay fand, mehr aber halt nicht. Zuletzt hatte sich Garching in der Regionalliga ja mit mehreren Siegen auf einen Nichtabstiegsplatz vorgearbeitet. Die Ansprüche sind gestiegen.

Ehrlicherweise hätte Bayreuth zu Beginn der Nachspielzeit genauso gut den entscheidenden Treffer erzielen können. Marcel Schiller lief alleine auf VfR-Torwart Maximilian Engl zu, schob den Ball aber nicht nur an Engl, sondern auch am Tor vorbei. Insofern war die Punkteteilung gerecht.

Überhaupt verlaufen Spiele selten so unentschieden wie dieses. Was auch immer die eine Mannschaft zustande brachte, die andere konterte es. In der fünften Minute drosch Christopher Kracun einen Freistoß nahezu perfekt Richtung Tor, die Bayreuther Bank jubelte schon - aber Engl lenkte den Ball noch irgendwie an die Latte. Zwei Minuten später köpfelte Innenverteidiger Florian Pflügler nach einer Ecke für den VfR ans Aluminium. Der Gleichschritt hatte begonnen.

Seferings will zeigen, dass er zu gut ist für diese Liga. Für seine Mannschaft ist das sehr hilfreich

Wenn Garching anfangs gefährlich wurde, dann über die Außenbahn, meist über die rechte, auf der Verteidiger Lirim Kelmendi immer wieder nach vorne stürmte. "Ich war mit der Spielanlage zufrieden", sagte Weber. Zugleich hatte Bayreuth offensichtlich erkannt, dass ein Kelmendi in ihrer Spielhälfte in der anderen Hälfte fehlt - also versuchten sie schnell über dessen Seite zu spielen. Manchmal flogen die vielen Diagonalbälle aber ein bisschen zu ungenau, so dass sie schnell wieder bei Garching landeten. "Hey, wir laufen uns tot", brüllte Kracun seinen Kollegen zu - die schienen die Botschaft zu verstehen: Bayreuth spielte bald nur noch bei Ballgewinnen im Mittelfeld schnell auf die linke Seite. In der 38. Minute war dieses Konzept erstmals wirklich erfolgreich. Der VfR verlor den Ball im Mittelfeld (Kelmendi befand sich bereits auf dem Weg nach vorne), links war Ilyass Mirroche frei und legte Anton Makarenko das 1:0 auf.

Diesmal konnte der VfR nicht umgehend kontern. Zur Pause stand also ein Rückstand für Garching - man kennt das ja. "Können die mal in Führung gehen?", fragte ein Fan in die Runde der 250 Zuschauer, obwohl er die Antwort schon wusste: Können sie fast nie. Als "ärgerlich" bezeichnete auch Weber den Umstand, schon wieder einem Rückstand hinterherlaufen zu müssen. Gleichzeitig betonte Kapitän Niebauer, dass es sein Team mittlerweile draufhabe, zurückzukommen.

Das taten die Garchinger durch ein Tor von Simon Seferings, von wem auch sonst. Den Torgaranten in der Winterpause von Drittligist 1860 München auszuleihen, war zweifelsfrei eine der besten Garchinger Ideen der vergangenen Jahre. Seferings bewies mal wieder, wie hilfreich es ist, wenn man einen Offensivspieler hat, der zeigen will, dass er zu gut ist für die höchste Amateurliga. Philipp Walter flankte an die Strafraumgrenze zu Seferings, der zielte volley ins rechte obere Eck (62. Minute). Es war ein Tor des Willens und der Qualität. Sechs Tore hat Seferings in den zurückliegenden vier Spielen erzielt - zwei Drittel aller VfR-Tore in diesem Zeitraum.

Nun machte Garching "recht gut Druck", wie es Weber ausdrückte. Der Gegner habe seinerseits "gar nichts mehr fürs Spiel getan" - was zur Hälfte stimmte: Bayreuth agierte wirklich sehr defensiv, aber blieb mit Kontern gefährlich. "Beide Mannschaften haben auf den Lucky Punch gespielt", sagte Timo Rost, Bayreuths Trainer. Und so stürmten beide Teams - natürlich in chancengleicher Parallelität. Diesmal legte Garching den Aluminiumtreffer vor, Mario Staudigl setzte einen Schuss in Seferings-Manier an den Innenpfosten (80.) Fast im direkten Gegenzug lenkte Engl Makarenkos Volleyschuss an die Latte. In der Nachspielzeit folgten die beiden abschließenden Chancen auf das Siegtor.

"Wir können mit dem Punkt gut leben", sagte Weber, als bei ihm offenbar der Gedanke gereift war, dass dieses Unentschieden gar nicht schlecht ist. Vier Zähler liegt der VfR nun vor Augsburg II und dem ersten Platz zur Abstiegsrelegation. Die bisher sehr gute Rückrunde hat den Garchingern neues Selbstvertrauen gebracht. Ausdruck dessen war auch Webers Prognose für den Abstiegskampf: "Ich glaube, wir holen genug Punkte."

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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