Vernissage:Geschützt im Elfenreigen

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40 Arbeiten zeigt Rosa Loy im Augsburger Glaspalast, darunter "Sause" (2019, Kasein auf Leinwand). (Foto: Uwe Walter, VG Bildkunst Bonn 2020)

Neo Rauch stellt in Augsburg die Bilder seiner Frau Rosa Loy vor

Von Sabine Reithmaier, Augsburg

Der erste Besuch der Malerin in Augsburg war es nicht. Rosa Loy hatte bereits mehrere Ausstellungen in der Galerie Noah. Daher erinnerte die Vernissage ein wenig an ein Familientreffen, nicht nur wegen der Mopsdame Smylla, die zwar artig mit Neo Rauch durch den Kuppelsaal des Glaspalasts spazierte, den knapp 40 Loy'schen Gemälden, Aquarellen und Mischtechniken aus den letzten zwölf Jahren aber im Unterschied zu den anderen Gästen wenig Aufmerksamkeit schenkte. Neo Rauch, seit 1985 mit Rosa Loy verheiratet, und mit ihr Tür an Tür in der einst größten Garnfabrik Europas in Leipzig arbeitend, übernahm es, in das Werk seiner Frau einzuführen. Schließlich sei es ihm ein stetes Vergnügen, "mich in die Gesellschaft der Loy'schen Bilder versetzt zu sehen". Dass sich die Arbeiten seiner Frau im Kuppelsaal einem monumentalen, 7,60 Meter breiten und 4,70 Meter hohen Werk Anselm Kiefers gegenüber zu bewähren hatten, sah er zwar als Herausforderung, fand aber: "Rosa behauptet sich gut, sie löst das Fingerhakeln auf Augenhöhe." Trotzdem war es vorteilhaft, dass eine große weiße Stellwand den direkten Blick auf das gewaltige Opus Magnum, im Glaspalast seit der Kiefer-Ausstellung im Februar 2019, behinderte.

Neo Rauch räumte ein, möglicherweise einen etwas subjektiven Blick auf das Werk seiner Frau zu haben - "die Bilder umgeben mich wie ein schützender Elfenreigen". Aber er spreche aus dem Inneren des Loy'schen Kosmos heraus, als "Trabant eines glühenden Zentralgestirns", der gelegentlich auch die Gestalt einer Motte annehme, "die sich dem Lichte anvermählt und knisternd vergeht". In ihrer Welt herrschten ganz eigene Gesetze, die denen der Naturwissenschaft fundamental widersprächen. "Rosa Loy räumt der Schönheit und der Güte zentrale universale Wirkungsmacht ein, sie verwehrt der Arglist, der Häme und der Niedertracht den Zutritt in ihre Schöpfungswerkstatt."

Tatsächlich malt Rosa Loy überwiegend Bilder mit positiver Ausstrahlung, zeigt eher das Schöne als das Dunkle. Manche Szenen erinnern an Träume, manche Frauen tragen ihre Gesichtszüge. Sie sind aktiv, packen an, agieren oft gemeinsam. Was auch immer sie tun, es wirkt unangestrengt. "Drei Parzen" spinnen gemeinsam an einem Lebensfaden, lächelnde Netzwerkerinnen vor einer rosafarbenen Blütenexplosion. Hinter den wachsamen "Wärterinnen" blühen die blauen Blumen der Romantik, andere setzen Tulpenzwiebeln oder schaukeln in Bäumen. Die prominente Vertreterin der Leipziger Schule, 1958 in Zwickau geboren, gärtnert zwar inzwischen nur mehr privat, aber Ende der Siebzigerjahre hatte sie als Tochter eines Gärtnereileiters an der Humboldt-Universität eine Ausbildung zur Gartenbauingenieurin absolviert.

Indem sie ihren Fokus auf Frauen richte, helfe sie, das Gleichgewicht wieder herzustellen

Männer kommen in ihrem Werk nicht vor, was Rosa Loy in Interviews gern damit begründet, dass sie Frauen für unterstützungswürdig halte. In der DDR geboren sei sie es gewohnt gewesen, dass Männer und Frauen sich auf Augenhöhe begegneten. Nach der Wende habe sich das geändert. Indem sie ihren Fokus auf die Frauen richte, helfe sie ein wenig, das Gleichgewicht herzustellen. Dass Männer in ihren Bildwelten fehlten, störe ihn nicht im Mindesten, sagte Neo Rauch. Dafür könne man in den Bildern Halt finden, sich in sie wie in Nischen hineinretten. "In ihnen herrscht Stille, die Aussicht auf Glück und die Gewissheit, dass die Welt ihren eigenen Zauber besitzt und es möglich ist, sich ihm anzuverwandeln durch die Kunst", sagte er. Wer jemals von den dunklen Schwingen der Depression gestreift worden sei, der fühle instinktiv, welch besonnter Heimathafen sich ihm hier darbiete.

Hausherr Ignaz Walter, für den Kunst und Kommerz zusammengehören, wie er in seiner Rede unterstrich, sammelt Loys Werke seit ihren Anfängen. "Sie ist nicht nur eine schöne Frau, sondern ein ganz lieber Mensch und große Künstlerin", sagte der Bauunternehmer, dem sowohl der Glaspalast selbst als auch die Galerie Noah und das Kunstmuseum Walter darin gehören. Seinen Gästen empfahl er dringend, Kunst zu kaufen. Wer Angst habe, durch die Politik der Europäischen Zentralbank Geld zu verlieren, der sollte Rosa Loy kaufen. "Mit ihr kann man nicht verlieren." Denjenigen, die auf noch mehr Sicherheit beharren, empfahl er den "Weltstar" Neo Rauch. Der mache sich zwar rar. "Oder er wird rar gemacht, ich weiß es nicht." An die Künstler appellierte er, gesund zu bleiben. "Die Kunst braucht euch noch." Und der Kunstmarkt wahrscheinlich auch.

Rosa Loy - Ausblick , bis 19. Juli, Galerie Noah im Glaspalast, Augsburg

© SZ vom 25.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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