Variobahn in München:Zentimeterarbeit für neue Züge

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Lange wurde gestritten, mittlerweile aber fahren die Variobahnen. (Foto: Catherina Hess)

Der Zoff um die neuen Trambahnen wirkt sich jetzt auf die Straßen aus: Für die Züge müssen Gleise und Bordsteine herausgerissen und versetzt werden - manchmal nur um wenige Zentimeter.

Von Marco Völklein

Den Streit führen beide Seiten schon seit mehr als vier Jahren. Bislang hatte er vor allem zur Folge, dass zahllose Gutachter unheimlich viel Papier beschrieben haben. Um zum Beispiel nachzuweisen, dass die Münchner Brücken genügend stark ausgelegt sind, um die neuen Trambahnen vom Typ "Variobahn" zu tragen.

Seit Kurzem wirkt sich das Gezerre um die Zulassung neuer Straßenbahnen, das die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und die Regierung von Oberbayern seit Jahren austragen, aber auch im Münchner Straßenbild aus: Das Unternehmen ließ im Frühjahr in der Thierschstraße die Gleise so umbauen, dass künftig die Anforderungen der Aufseher der Bezirksregierung voll erfüllt sind. Wurde bisher nur viel Papier beschrieben, wird jetzt auch Stahl verlegt.

Gleise und Bordsteine versetzt

Konkret ging es in der Thierschstraße um drei "Gleisbögen", wie Gleisbauer Kurven nennen. Einer von ihnen liegt direkt im Zulauf aufs Maxmonument, einer an der Ecke zur Mariannenstraße und einer im Knick an der Obermaierstraße. Dort wurden die Gleise teils um fünf, teils um bis zu 35 Zentimeter verschoben und Bordsteine versetzt. Autoparkplätze, das versichert ein MVG-Sprecher, seien aber nicht weggefallen.

Ohnehin ist die MVG bemüht, nicht allzu viel Aufhebens zu machen. Man habe die Gelegenheit zur Anpassung der Gleisbögen genutzt, weil ohnehin in der Thierschstraße Gleise ausgetauscht werden mussten, die noch aus den 1980er Jahren stammen, sagt ein MVG-Sprecher. Die drei Gleisbögen allerdings waren lange nicht so alt: Einer wurde 2002 erneuert, einer 2009. Und der jüngste der drei Bögen lag erst seit 2011 an Ort und Stelle. Das geht aus einer Antwort der MVG auf eine Anfrage der Rathaus-CSU hervor. Nun wurden die Teile wieder herausgerissen. Und um einige Zentimeter versetzt.

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Mehr Türen, mehr Platz und neue Ticketautomaten: Bei Fahrgästen kommt die Avenio-Tram gut an. Die MVG will mit den neuen Straßenbahnen im Dezember das Angebot verbessern. Doch noch ist fraglich, ob die Züge rechtzeitig geliefert und zugelassen werden. Das ist schon einmal schiefgegangen.

Von Marco Völklein

Hintergrund des Ganzen, das räumen MVG wie Bezirksregierung ein, ist auch der Zulassungsstreit um die Trambahnen vom Typ "Variobahn" im Jahr 2010 und den Folgejahren. Ein Punkt dabei war das sogenannte "Lichtraumprofil" der Züge. Dabei geht es - laienhaft ausgedrückt - darum, dass Trambahnen insbesondere in engen Kurven ohne Berührung aneinander vorbeikommen. Die Variobahnen rollen zwar mittlerweile im Münchner Netz; die MVG darf sie aber bislang nicht auf allen Linienästen einsetzen. Das schränkt den Betrieb natürlich ein.

Mit dem Umbau der Gleise habe man versucht, "den zwischenzeitlich verschärften Anforderungen an den theoretischen Nachweis für die freizuhaltenden Lichtraumprofile der Züge gerecht zu werden", heißt es in der Antwort der MVG auf die CSU-Anfrage. Wichtig ist dabei das Wörtchen "theoretisch". Denn ob tatsächlich die Gefahr einer Kollision besteht - diese Frage wird zwischen MVG und Bezirksregierung kontrovers diskutiert.

Zulassung liegt bislang nicht vor

Öffentlich allerdings halten sich beide Seiten mittlerweile zurück - auch, um den derzeit laufenden Zulassungsprozess für die neuen Trambahnen vom Typ "Avenio" und die neuen U-Bahnen vom Typ "C2" nicht weiter zu verzögern. Die MVG wollte beide Fahrzeug-Typen eigentlich seit Dezember 2013 einsetzen. Dann aber gab es technische Probleme beim Lieferanten Siemens; auch die Zulassung liegt bislang nicht vor. Man sei zwar in einem "engen und sehr konstruktiven Kontakt mit der MVG", sagt ein Sprecher der Bezirksregierung. Tatsächlich aber werden die Züge seit Monaten allenfalls auf dem Betriebshof sowie bei nächtlichen Testfahrten im Tram- beziehungsweise U-Bahn-Netz bewegt.

Die MVG betont, die Anpassung der Gleise in der Thierschstraße habe auch dazu gedient, die "in diesem Bereich bestehenden Begegnungsverbote" aufzuheben - und so den Trambetrieb letztlich zu beschleunigen. Zudem prüfe man grundsätzlich bei jeder Gleisbaumaßnahme, ob die Lage der Schienen an aktuelle Erfordernisse angepasst werden müssten. "Wesentliche Mehrkosten" habe die Verlegung der Gleise um einige Zentimeter jedenfalls nicht verursacht - weil sie eben im Rahmen der ohnehin geplanten, 1,7 Millionen Euro teuren Streckensanierung in der Thierschstraße angegangen wurde.

© SZ vom 05.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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