Urteil:Freispruch nach Schlägerei

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Zwei Männer prügeln sich - wer zuerst angegriffen hat, ist unklar

Bei Schlägereien in und vor Diskotheken zu vorgerückter Stunde, bei noch dazu exorbitant hohem Alkoholpegel, ist es in der Regel im Nachhinein immer schwer zu sagen, wie die Angelegenheit nun abgelaufen ist, wer angefangen hat, und warum. Richter Sebastian Schmitt sah sich am Dienstag vor dem Amtsgericht München mit so einem Fall konfrontiert. Am Ende sprach er den Angeklagten Hansel J. frei. "Wer zuerst angegriffen hat, ist unklar", sagte er in der Urteilsbegründung. Ein Handeln in Notwehr sei nicht auszuschließen.

Die Versionen der Geschichte sind so mannigfaltig wie vermutlich das Trinkprogramm von Täter und Opfer an jenem Abend. Wobei man eher sagen muss: Morgen. Denn es war bereits 8.30 Uhr an diesem 3. September, als sich der 25-jährige Straßenbauer Hansel J. und der 36-jährige arbeitslose Lagerist Timotei N. in die Haare gerieten. Der Angeklagte sagt, es sei schon im Club Café do Brasil am Optimolgelände losgegangen, weil er sich mit zwei Damen unterhalten habe, was dem anderen nicht gepasst habe. Ein Zeuge sagt, das spätere Opfer habe sich gestört gefühlt, weil Hansel J. angeblich einen "auf Macker" gemacht und nicht respektiert habe, dass der andere der Ältere sei. Das Opfer selbst, Timotei N. erklärt vor Gericht, er sei angerempelt worden. Bei der Polizei hatte er zuvor ausgesagt, er sei beim Tanzen grundlos auf den Kopf geschlagen worden. "Das war wohl ein Missverständnis", sagt das Opfer vor Gericht.

So unklar wie der Anlass gestaltete sich die weitere Suche nach der Wahrheit. Hansel J. sagt, das Problem im Club sei geklärt gewesen, plötzlich sei der andere auf ihn zugerannt, wollte ihn schlagen, er habe sich nur verteidigt. Timotei N. behauptet genau dasselbe. Die Zeugin Paulina U., die an dem Morgen gerade auf dem Heimweg von einer Feiernacht war, sah, wie sich die beiden Männer vor dem Club an der Friedenstraße prügelten. Sie alarmierte mit ihrem Begleiter die Polizei und kümmerte sich um den stark blutenden Timotei N. Der erlitt zwei Platzwunden im Gesicht sowie einen Riss am Ohr, der genäht werden musste.

Während die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen Körperverletzung, sechs Monate Haft auf Bewährung und 1500 Euro Geldbuße forderte, sprach Richter Sebastian Schmitt den Angeklagten frei. Was bleibt, sind die Gerichtskosten. Und die trägt die Staatskasse.

© SZ vom 03.01.2018 / wim - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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