Für Helmut Pauli ist es "ein Riesenerfolg", was Richterin Barbara Clementi am Donnerstagmorgen verkündete - für die Stadt dagegen ist es eine herbe Niederlage. In Clementis Urteilsbegründung war von Irreführung die Rede und davon, dass der städtische Kartenvertrieb München-Ticket gegen den Datenschutz verstoßen hat. Nun sieht alles danach aus, als müsse München-Ticket Schadensersatz in Höhe von mehreren hunderttausend Euro zahlen. Dieses Urteil habe "die Fairness wiederhergestellt", sagte Pauli, dessen Unternehmen Tonicale zusammen mit den Konzertveranstaltern Bell'Arte und Europa Classic gegen München-Ticket geklagt hatte.
Die Ursache für den Rechtsstreit war ein Prospekt, den München-Ticket im Herbst an mehr als 100 000 Haushalte verschickt hat. Darin abgedruckt: das Konzertprogramm des privaten Veranstalters München-Musik, bestehend aus fast 140 Angeboten bis ins Jahr 2015 hinein. Beigelegt war dem Prospekt außerdem ein Brief, auf dem nebeneinander das München-Ticket-Logo, das Logo des privaten Konzertveranstalters München-Musik und das Münchner Kindl abgebildet waren. Gerade so, als handle es sich um das offizielle und vollständige Musikprogramm der Stadt München, wetterten die drei Konkurrenten aus der Konzertveranstalterszene - und zogen vor Gericht. Ihr Argument: Es könne nicht sein, dass ein städtisches Unternehmen eine einzelne Privatfirma bevorzugt. Das Gericht hat diesen Vorwurf nun bestätigt.
Werbung für die Konkurrenz
Ebenfalls Teil der Gerichtsverhandlung war der Vorwurf, München-Ticket habe die Prospekte an Adressen geschickt, die zum Teil aus dem Kundenstamm der drei klagenden Veranstalter stammen - und das, obwohl man dem städtischen Kartenvertrieb diese Daten lediglich treuhänderisch überlassen habe. Auch hierzu urteilte Richterin Clementi zugunsten der Kläger: München-Ticket dürfe "nicht fremden Absatz fördern, indem sie für fremde kooperierende Konzertveranstalter Werbeaktionen durchführt".
CSU-Stadtrat Richard Quaas fordert nun den Rücktritt von München-Ticket-Chef Stephan Rusch. "Man muss sich fragen, ob da der richtige Mann an der Spitze steht", sagte Quaas. Er wirft Rusch nicht nur vor, für die unzulässige Werbeaktion verantwortlich zu sein, er kritisiert auch dessen Verhalten im Vorfeld des Gerichtsprozesses. "Wenn man auf den Kläger zugegangen wäre, um eine halbwegs gütliche Einigung zu finden, hätte man sich viel Ärger und einiges an Geld sparen können", sagte Quaas, der nun hohe Schadensersatzzahlungen fürchtet.