Unfall im nassen Treppenhaus:Wer ausrutscht, ist selbst schuld

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  • Seitdem ein 51-jähriger Mann im nassen Treppenhaus ausgerutscht ist, ist er zu 50 Prozent schwerbehindert.
  • Er verlangte ein Schmerzensgeld von 80 000 Euro und eine monatliche Rente als Schadenersatz. Die Haftpflichversicherung der Hauseigentümerin zahlte eine wesentlich geringere Summe.
  • Der Mann reichte Klage beim Amtsgericht ein. Die Richterin gab dem Mann aber eine Mitschuld an seinem Unfall, da er sich hätte festhalten müssen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Wer in einem erkennbar frisch geputzten Treppenhaus ausrutscht, weil er sich nicht am Geländer festhält, ist selbst schuld und bekommt weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz. So kompromisslos hat das Amtsgericht München die Klage eines Münchners abgewiesen, der nach seinem Sturz arbeitsunfähig und schwerbehindert ist.

Der heute 51-jährige Mann lebt in einer Mietwohnung am Oskar-Maria-Graf-Ring. Im Juli 2009 war er auf dem noch nassen Boden im Treppenhaus ausgerutscht. Er erlitt einen Oberarmbruch rechts, wobei Knochenfragmente aus ihrer normalen anatomischen Lage verschoben wurden. Der Münchner musste sofort operiert werden. Er leidet seither an Schmerzen, er hat zudem massive Bewegungseinschränkungen. Ihn plagen auch Depressionen. Seit Februar 2010 bekommt er Rente wegen Arbeitsunfähigkeit, er ist zu 50 Prozent schwerbehindert.

Keine Warnschilder

Der Mann beklagt, dass der Boden des Treppenhauses kurz vor dem Unfall gereinigt worden sei und deshalb rutschig war. Warnschilder seien nicht aufgestellt gewesen. Er verlangte mindestens 80 000 Euro Schmerzensgeld und außerdem Schadensersatz in Form einer monatlichen Rente von 947 Euro bis 2031 - das ist die Differenz zwischen dem normalen Einkommen und der Rentenzahlung. Die Haftpflichtversicherung der Hauseigentümerin bezahlte einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 3500 Euro und erstattete 140 Euro für ärztliche Attest-Kosten.

Der Münchner klagte, doch die Amtsrichterin ging von einem hundertprozentigen Mitverschulden des Mannes an dem Unfall aus. Er habe im Treppenhaus die notwendige Sorgfalt außer Acht gelassen, sich selbst vor Schaden zu bewahren. Denn beim Betreten des Treppenhauses hätte er sich am Geländer festhalten müssen, da die Gefahr des Ausrutschens offensichtlich gewesen sei.

Rutschgefahr sei erkennbar gewesen

Zuvor hatten Zeugen erklärt, dass das Treppenhaus zum Zeitpunkt des Sturzes sehr nass war. Dies sei auch deutlich erkennbar gewesen: Überall habe es großflächige, feucht glänzende Stellen gegeben. Der Hausflur sei gut beleuchtet gewesen. Den Zeugenaussagen zufolge sei das wohl immer so gewesen, wenn das Treppenhaus gereinigt wurde. Es habe üblicherweise auch sehr stark nach dem benutzten Reinigungsmittel gerochen, versicherten die Zeugen.

Wegen dieser Aussagen ging die Richterin davon aus, dass der klagende Bewohner sowohl aufgrund des Geruchs als auch wegen der Nässe die Rutschgefahr hätte erkennen und sich am Geländer festhalten müssen. Da die Berufung in der nächsten Instanz zurückgewiesen wurde, ist das Urteil des Amtsgerichts (Az.: 454 C 13676/11) rechtskräftig.

© SZ vom 28.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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