TuS Fürstenfeldbruck:Wie besessen

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Der Höhenflug der Brucker Handballer, im Bild Felix Kerst, geht weiter. "Es ist aber nicht so, dass wir jetzt im Training viermal Fußball spielen unter der Woche“, sagt Trainer Martin Wild. "Wir erarbeiten uns das schon hart.“ (Foto: Günther Reger)

"Müssen weiterarbeiten": Nach dem rauschhaften 40:20 im Spitzenspiel gegen Dansenberg geben sich die Brucker Drittliga-Handballer betont nüchtern.

Von Thomas Jensen, Fürstenfeldbruck

Fünf Minuten vor Schluss begannen die Fans in der Wittelsbacherhalle zu singen. Immer deutlicher schälte es sich aus dem frenetischen Jubel der knapp 900 Zuschauer: "Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen, so schön, so schön." Und das, obwohl das Bier ausgegangen war.

Ein Engpass inmitten eines Rauschzustands, der am Samstagabend auch noch das nächste Stadium erreichte. 40:20 (18:10) gewann der TuS Fürstenfeldbruck gegen den TuS 04 Dansenberg und holte den elften Sieg in Serie, den höchsten in dieser an Rekorden reichen Saison noch dazu. Dem Protokoll nach hätte es das Topspiel sein sollen der 3. Liga Süd. Immerhin empfing der Tabellenerste den Dritten. Das Hinspiel Ende September war noch äußerst umkämpft, mit nur einem Tor Unterschied siegten damals die Brucker Panther. Entsprechend geschärft sah Trainer Martin Wild die Sinne seiner Spieler: "Man denkt vor dem Spiel schon, dass es schwierig werden könnte. Dansenberg hat die Mittel, uns weh zu tun." Schmerzen, beziehungsweise Kopfschmerzen hatte Wild tatsächlich. Nachdem am vergangenen Spieltag Benedikt Hacks Kreuzband gerissen war, fand sich im Kader kein gesunder Linkshänder mehr. Linksaußen Gianni Huber musste daher auf der ungewohnten Position rechts ran, zeigte aber eine Leistung, die eines Topspiels würdig war. Genau wie seine Teamkollegen. "Heute gibt es nichts zu bemängeln. Da müsste man wirklich suchen", sagte Wild. "Das war leidenschaftlich in der Abwehr und konsequent im Angriff. Hut ab, Hut ab." Ein bisschen wirkte es, als falle es ihm schon schwer, inmitten der Ekstase noch eine sachliche Einordnung zu finden. Spieler und Fans feierten diesen Abend noch ausgelassen auf dem Spielfeld und auf den Rängen. Selbst beim obligatorischen Pressegespräch der beiden Trainer war die Halle noch gut gefüllt. "Dass hier alle in der Halle zum Singen anfangen, habe ich auch noch nicht erlebt in zwanzig Jahren Bruck", ordnete Wild die Stimmung ein. "Abgesehen von Yannick Engelmann", fügte er noch an. Für den Nachsatz erhielt er tosenden Beifall, sowohl von Fans als auch Spielern (inklusive Engelmann), die die Worte ihres Trainers gut gelaunt verfolgten.

Angst, dass sein Team nach solch einem Erfolg nun den Fokus verlieren könnte, habe er nicht: "Die Jungs sind wirklich besessen vom gemeinsamen Ziel. Da will jeder bis zur Meisterschaft durchziehen, das braucht keine mahnenden Worte von mir." Wer die Szenen am Samstag verfolgte, konnte den Eindruck gewinnen, die Meisterschaft sei bereits an die Amper vergeben. Aber die Brucker äußerten sich weiterhin so, wie es sich für Besessene gehört. Torwart Michael Luderschmid etwa, der mit zwei Treffern hintereinander, die er auf das leere gegnerische Gehäuse erzielte, wohl für den Lautstärkerekord des Abends verantwortlich war: "Das war heute schon ein wichtiger Sieg. Aber wir müssen weiterarbeiten. Denn wenn wir nächste Woche nicht wieder gewinnen, dann war das heute nichts wert." Das war vielleicht ein wenig zu sehr im Oliver-Kahn-Duktus formuliert: Neun Spieltage vor Schluss scheint nur noch das zweitplatzierte Pfullingen den Panthern gefährlich werden zu können. Der Vorsprung auf Platz drei beträgt bereits neun Minuspunkte. Doch auch Trainer Wild war es wichtig, den Aufwand hinter dem Höhenflug zu betonen: "Wir erarbeiten uns das schon hart. Auch wenn es leicht aussieht, es ist immer noch kein Selbstläufer. Es ist nicht so, als ob wir jetzt im Training viermal Fußball spielen unter der Woche."

Weniger zu Scherzen aufgelegt war verständlicherweise Steffen Ecker. Der Gästetrainer sprach an, was auch zur Wahrheit gehörte, nämlich dass es eine schwache Leistung seiner Mannschaft war: "Ich kann mich für diesen Auftritt nur entschuldigen. Wir wollten vor dieser Kulisse eigentlich mithalten. Das haben wir in keiner Weise geschafft." Dafür erhielt er vom Brucker Publikum sogar aufmunternden Applaus. Wenn auch nicht so viel wie Wild für einem Schlussgag, dass er jetzt schon Sorgen habe. Allerdings nur vor der dritten Halbzeit. Ob sie wohl noch Bier aufgetrieben haben?

© SZ vom 03.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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