Roy Black hatte vor seiner Schlagerkarriere wenigstens noch eine Rock'n'Roll-Vergangenheit gehabt. Tim Bendzko dagegen hatte bestenfalls ein paar Xavier Naidoo-Platten, die mit schuld daran sind, wenn Menschen zwischen Schlager und Popmusik nicht mehr zu unterscheiden wissen.
Entsprechend glauben die Zuschauer im ausverkauften 59to1 tatsächlich, einem Popkonzert beizuwohnen, als Bendzko hinter einer geschlossenen Schwingtür zum Backstagebereich sein erstes Lied über ein Funkmikrofon singt: "Ich will nicht begreifen, dass der Schein mich betrogen hat."
Dann wird die Tür geöffnet und Bendzko eilt im Scheinwerferlicht eines vorauseilenden Kameramanns zur Bühne. Dort wird er von einer großartigen Band begleitet, die den Liedern mit wechselnden Instrumenten wie Cello, Akkordeon oder Keyboards eine mitunter lyrische Atmosphäre verleiht, welche die Texte an sich nicht hergeben.
Zwangsbeglückungen wie "Ich will in dein Herz, ob du willst oder nicht!" sollte die Angebetete jedenfalls mit Vorsicht genießen, auch wenn der Schmachtende völlig harmlos ausschaut.
Aber vielleicht ist alles auch nur ein Missverständnis, schließlich behauptet der Liedermacher ja selbst von sich, dass Wörter nicht seine Sprache seien. Ebenso absurd wäre es, wenn ein Maler sagte, dass er es mit Farben nicht so hat.
Doch dem Publikum gefällt es, wenn Bendzko mehrere Zeilen lang erklärt, dass ihm die Worte fehlen. Und warum fehlen sie? Weil schon wieder jemand nicht mit ihm zusammen sein möchte: "Aber ich begreife nicht, dass es dich so kalt lässt. Dir kann der Himmel auf Erden entgehen."
Bei solchen himmlischen Angeboten sollte man jedenfalls höllisch aufpassen, auch wenn Bendzko damit jüngst den Bundesvision Song Contest 2011 gewonnen hat.