Totes Baby:Mutter wird psychiatrisch untersucht

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Sie hat ihr Neugeborenes nicht versorgt und die Leiche monatelang versteckt: Einer Alleinerziehenden aus Haar drohen bis zu 15 Jahre Haft.

S. Wimmer und F. Heckenberger

Eine 38-jährige Frau bringt offenbar unbemerkt in ihrer Wohnung ein Baby zur Welt, lässt es sterben und versteckt den Leichnam vier Monate lang in einer Plastiktüte, zunächst auf dem Balkon, dann in einem Schrank. Die Frau aus Haar ist alleinerziehend, hat zwei acht und 17 Jahre alte Kinder und kam mit der Lebenssituation nicht zurecht. Nach Informationen der SZ war die Familie dem Jugendamt durchaus bekannt. Die beiden Kinder wurden in den vergangenen Monaten von einem vom Jugendamt beauftragten Therapeuten betreut.

(Foto: Foto: Claus Schunk)

Was die 38-jährige Mutter dazu getrieben hat, ihr drittes Kind einfach verhungern zu lassen, ist nach wie vor unklar. Nach SZ-Informationen versuchte die Frau auch in ihren Vernehmungen, immer wieder andere Varianten des Hergangs aufzutischen. Letztendlich aber war sie wohl mit ihrem Leben als alleinerziehende Mutter überfordert. Drogen oder Alkohol sollen als Auslöser für die Tat keine Rolle gespielt haben.

Freunde entdeckten das tote Baby

"Wir haben ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben, werden Zeugen vernehmen und wir warten auf die Erkenntnisse aus der Rechtsmedizin", sagt Anton Winkler, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Obduktion des stark verwesten männlichen Leichnams soll Aufschluss über die genaue Todesursache geben. Die 38-Jährige erklärte, sie habe den Buben am 5. Januar alleine in ihrer Wohnung am Jagdfeldring in Haar zur Welt gebracht. Das Baby sei noch am selben Tag gestorben, behauptet sie.

Jedenfalls packte die Mutter den Körper in eine Plastiktüte und deponierte diese auf dem Balkon, bis ihr im März Freunde beim Entrümpeln der Wohnung halfen. Dabei entdeckte einer von ihnen das tote Baby. Die Polizei kümmere sich schon um den Fall, log sie. Später erklärte sie noch, die Polizei habe den Leichnam abgeholt.

Tatsächlich packte die Frau die Plastiktüte mit dem Kind in einen Schrank in der Wohnung. Für die Freunde, die die Lügen der Frau wohl glaubten, gebe es aus strafrechtlicher Sicht keine Konsequenzen, meint Winkler. Die Geschichte vom toten Baby machte in Haar die Runde, bis am Osterwochenende ein Außenstehender die Polizei verständigte. Beamte der Mordkommission entdeckten am Dienstag die Leiche.

Noch am Donnerstag erließ der Haftrichter Haftbefehl gegen die 38-Jährige wegen Totschlags durch unterlassene Hilfeleistung. Sollte die Frau als voll schuldfähig angesehen werden, so drohen ihr fünf bis 15 Jahre Gefängnis. Ihre älteren Kinder kamen zunächst bei Verwandten und Freunden unter und werden nun vom Jugendamt betreut. Nach dem Vorfall forciert das Landratsamt seine Bemühungen, eine "Koordinierte Kinderschutzstelle" aufzubauen - für überforderte Eltern und Familien, bei denen der Verdacht besteht, dass die Kinder unterversorgt werden.

© SZ vom 18.04.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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