Puccinis "Tosca":Ein Klassiker wird neu verortet

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Die "Opera Incognita" verlegt Puccinis "Tosca" ins faschistische Italien 1943. Das Bühnenbild entsteht live während der Aufführung in der Allerheiligen Hofkirche.

Von Klaus Kalchschmid

Floria Tosca ist eine Opernsängerin, und in Puccinis Oper hört man, wie ihre Stimme mit einem kleinen Chor zusammen einmal durch das offene Fenster in den Palast des Polizeichefs Scarpia dringt. Der will sie mit allen Mitteln besitzen, ob durch Verführung oder Vergewaltigung, ist ihm egal. Dafür schürt er ihre Eifersucht, verhaftet und foltert ihren Geliebten Cavaradossi und lässt ihn erst frei, als sie verspricht, sich ihm hinzugeben - mit tödlichen Folgen für alle Beteiligten.

Wenn sich Regisseur Andreas Wiedermann und sein musikalischer Leiter Ernst Bartmann einen solchen Klassiker der Opern-Literatur vornehmen - wie zuvor schon Rameaus "Dardanus", Salieris "Axur", Glucks "Orphée et Eurydiceus" oder Mozarts "Idomeneo", Wagners "Rienzi", Bizets "Carmen", Puccinis "Edgar" oder Brittens "The Turn of the Screw", ist der Ort ungewöhnlich und manches anders: Statt im Rom des Jahres 1800 spielt das Geschehen im faschistischen Italien des Jahres 1943, Nebenhandlungen und -Personen fallen weg. Diesmal fehlt auch ein Chor und damit das gewaltige "Te Deum", das sonst, angeführt vom zynischen Scarpia, effektvoll den ersten Akt beschließt. Dafür treten auf: "Die Attavanti", eine Frau, auf die Tosca eifersüchtig ist, weil sie im Marienbild, das der Geliebte in der Kirche malt, ihre Augen sieht; auch der gefolterte Angelotti, der nicht mehr reden kann, weil man ihn so geschlagen hat, steht mehr im Zentrum.

Da aber das Bühnenbild aus Zeichnungen besteht, die Stefan Dinter während der Aufführung live herstellt und auf Großleinwand übertragen werden, erhält auch Angelotti seine Sprache zurück. Das siebenköpfige "Orchester" besteht nur aus vier Holzbläsern, zwei Hörnern und einem Flügel, und Tosca führt sich gleich zu Beginn als Sängerin ein - mit einem extra komponierten schnulzigen italienischen Lied. Wie immer für Aufführungen der Opera Incognita wurden junge, aber schon erfahrene Sänger engagiert wie Dorothee Koch als Tosca, Rodrigo Trosino als Cavaradossi, Robson Tavares als Scarpia, Martin Summer als Spoletta oder Thomas Greimel als Angelotti. Sie alle müssen bei Wiedermann nicht nur expressiv singen, sondern immer auch gute, unerschrockene Schauspieler sein.

Tosca, Samstag, 11. Mai (München-Premiere), Fr., 17. Mai, 20 Uhr, Allerheiligen Hofkirche der Residenz

© SZ Extra vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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