Tochter erdrosselt Mutter:"Ich bereue es, dass ich noch lebe"

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  • Christine K. soll ihre Mutter mit einer Wäscheleine erdrosselt haben. Anschließend lebte sie noch fast zwei Wochen mit der Leiche in der Wohnung.
  • Vor dem Landgericht München I hat am Montag der Prozess gegen die 41-Jährige begonnen.
  • Dabei gesteht K. die Tat, aber die Staatsanwältin wirft ihr vor "eins auf Mitleid" zu machen.

Von Andreas Salch

Als Christine K. alles zur Tat erzählt hat, sagt sie mit ausdrucksloser Miene: "Ich bereue es, dass ich noch lebe." An diesem Montag vor einem Jahr hat die 41-Jährige ihre Mutter, Karin K., in deren Wohnung in Unterhaching ermordet. Danach deckte sie die Leiche zu. Auf das Gesicht legte sie ein Kissen. So ließ Christine K. ihre 70-jährige Mutter, mit der sie allein in der Wohnung lebte, fast zwei Wochen liegen, ehe sie schließlich von der Polizei entdeckt wurde. An dem Tag, an dem sich die schreckliche Tat jährt, hat nun auch der Prozess vor dem Landgericht München I gegen Christine K. begonnen.

Karin K. wurde von ihrer Tochter mit einer fast sieben Meter langen Wäscheleine stranguliert. Nach der Tat war die 41-Jährige in der Wohnung geblieben. Den Verwesungsgeruch überdeckte sie mit Raumspray. Was sie in dieser Zeit gemacht habe, fragt Richter Norbert Riedmann? "Ich weiß nicht", antwortet die Angeklagte. Sie habe für ihre Mutter gekocht, ihr die Hand gehalten und mit ihr geredet. Über was, will der Vorsitzende wissen. "Über Alltägliches", erwidert Christine K. Bei ihrer Aussage zeigt sie keine Emotionen. Ob sie dazu nicht fähig ist, bleibt am ersten Verhandlungstag unklar. Die Staatsanwaltschaft legt der 41-Jährigen Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen zur Last.

Über ihre Depression wollte die Tochter nicht sprechen

Christine K. aber behauptet, sie habe einen erweiterten Suizid geplant. Nach dem Mord an ihrer Mutter habe sie aus dem Fenster springen wollen. Warum sie es nicht getan habe, wisse sie nicht. Sie sei depressiv, sagt die 41-Jährige über sich. Einen Arzt habe sie nie konsultiert. Sie wollte nicht über ihre Probleme sprechen. Nicht einmal mit ihrer Mutter habe sie "explizit" über das Thema Depression geredet. Es werde schon wieder klappen, habe sie sich gesagt, so die 41-Jährige. Das sei auch das "Credo" ihrer Mutter gewesen.

Die Depressionen vergingen aber nicht. Vor zwei Jahren, so Christine K., habe sie sich in einem Waldstück nahe dem Unterhachinger Stadion an einem Baum erhängen wollen. Da habe sie an ihre Mutter denken müssen und sich gesagt: "Dass kann ich ihr nicht antun." Später habe sie ihr erzählt, was sie vor gehabt habe. Karin K. soll daraufhin zu ihrer Tochter gesagt haben, dass sie sie auch "umbringen" solle, wenn sie tatsächlich einmal Suizid begehe. Christine K. sagt, sie habe es ihrer Mutter versprochen und fügt hinzu: "Ich wusste, wenn ich alleine gehe, würde sie dahinvegetieren."

"Sie machen hier eins auf Mitleid"

Staatsanwältin Nicole Selzam glaubt von all dem jedoch kein Wort: "Sie machen hier eins auf Mitleid," wirft sie der Angeklagten vor. Nach dem Mord an ihrer Mutter habe sie doch an einer Tankstelle eine Handykarte aufgeladen? "Weiß ich nicht", erwidert Christine K. Außerdem habe sie "eifrig im Internet gesurft", hält die Staatsanwältin ihr vor. Damit habe sie sich ablenken wollen, versichert K. Im Internet habe sie auffallend oft "Kapstadt" angeklickt. "Ich wollte nicht abhauen", entgegnet Christine K.

Tochter erdrosselt Mutter
:Leben mit einer Leiche

Eine 40-jährige Frau erdrosselt offenbar ihre Mutter - und lässt die tote Frau zwei Wochen im Wohnzimmer des gemeinsamen Appartements in Unterhaching liegen. Die Polizei rätselt noch über die Hintergründe der Tat.

Auch während der Vorhalte der Staatsanwältin bleibt die 41-Jährige ruhig und verliert nicht für einen Augenblick die Fassung. Aber die Anklägerin lässt nicht locker: Wann sie mit ihrer Mutter vor der Tat das letzte Mal über einen erweiterten Suizid geredet habe, lautet eine der nächsten Fragen. "Ein bis zwei Wochen vor der Tat", so K. Warum nicht am Tattag, hakt Staatsanwältin Selzam nach. "Sie sollte nicht den ganzen Tag daheim warten, bis ich sie umbringe", so die Angeklagte.

Vor vier Jahren hatte Christine K. ihren Job in einer Fotoagentur verloren. Ihre Wohnung wurde zwangsgeräumt. Deshalb zog sie bei ihrer Mutter ein und wohnte in deren Schlafzimmer. Ihre Mutter nahm mit der Couch im Wohnzimmer vorlieb. Karin K. soll ihre Tochter gedrängt haben, eine neue Stelle zu finden. Christine K. aber soll der "Ratschläge und Belehrungen ihrer Mutter überdrüssig" gewesen sein und beschlossen haben, sie zu töten.

Auf dem Tisch lag ein Zettel mit der Aufschrift "Ich liebe Dich Mama"

Am Morgen jenes 9. Februar, so Christine K. habe sie mit ihrer Mutter ferngesehen und ihr versprochen, sich ums Essen zu kümmern. Die 70-Jährige soll sich Chicken-Wings gewünscht haben. Doch es war angeblich kein Geld da. Trotzdem habe sie sich auf den Weg zum Ostbahnhof gemacht, so die Tochter. In der S-Bahn habe sie gedacht, vielleicht finde ich ja ein paar Euro. Dann habe sie sich eine Zeitlang am Ostbahnhof "rumgedrückt", so K., ehe sie wieder nach Hause gefahren sei.

Dort angekommen, habe sie so getan, als habe sie alles besorgt, habe den Tisch gedeckt und einen Zettel darauf gelegt, auf dem stand: "Ich liebe Dich Mama." Danach habe sie die Wäscheleine geholt und ihre Mutter von der Küche ins Wohnzimmer geführt. In der anderen Hand habe sie die Wäscheleine gehalten. Ihre Mutter habe sich gefreut, dass der Tisch gedeckt sei, sagt Christine K. "Dann habe ich ihr die Leine um den Hals gelegt", berichtet die 41-Jährige. Ihre Mutter und sie seien gestolpert. "Dabei habe ich ihr gesagt, dass ich es ihr versprochen habe, und dass ich sie liebe." Der Prozess dauert an.

© SZ vom 10.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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