Tierpark Hellabrunn:Sprengung im Elefantenhaus

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Muss saniert werden: das Elefantenhaus mit seiner markanten Kuppel, die nun gesprengt werden soll. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Urin ist schuld. Weil dessen ammoniakhaltige Dämpfe sich durch Stahl und Beton fraßen, muss das mehr als 100 Jahre alte Elefantenhaus im Tierpark Hellabrunn saniert werden. Auch die Kuppel wird erneuert - zuerst muss sie aber gesprengt werden.

Von Thomas Schmidt, München

Der elefantöse Rüssel ist eine wuchtige Saugmaschine. Ein beherztes Schniefen, schon verschwinden acht bis zehn Liter Wasser im Tier. Dickhäuter sind durstig. Und weil die Flüssigkeit irgendwann wieder raus muss, wird die Kuppel des Hellabrunner Elefantenhauses demnächst in die Luft gesprengt.

Der Urin ist schuld. Dessen stark ammoniakhaltige Dämpfe fraßen am Stahl und Beton des mehr als 100 Jahre alten Baus byzantinischen Stils. Heute ist das Haus einsturzgefährdet und muss teuer saniert werden. "Wir haben tief greifende Überlegungen angestellt", sagt Ingenieur Franz Scheitzeneder, "wie man das am besten macht." Die einfachste Antwort: mit Sprengstoff.

Das Kuppelgemäuer, notdürftig von 17 Meter hohen Stahlsäulen vor dem Einsturz geschützt, ist bereits durchlöchert von kleinen Sprengschächten. Zwischen 1000 und 2000 Ladungen sollen Ende August hochgehen. Scheitzeneder ("Ich bin hier für den Abbruch zuständig!") schlängelt sich mit gelbem Schutzhelm und staubigem Sakko durch den Gerüstwald der Baustelle. "Das gibt keinen riesigen Rumms", betont er. Es handle sich lediglich um eine "Lockerungssprengung". Nach dem Knall soll die Betonkonstruktion zertrümmert zu Boden fallen.

Ende 2015 sollen die Elefanten wieder einziehen

Von außen wird das Elefantenhaus mit Gummimatten abgedeckt, damit keine Brocken durch die Luft sausen. Drinnen soll ein "Sprengbett" aus Sand und Kies aufgeschüttet werden, um das Gebäude zu schützen. Gesprengt wird nur die Kuppel, alles andere bleibt stehen, wird umgebaut und saniert. 15 Millionen Euro Gesamtkosten sind eingeplant. Ende 2015 sollen die Elefanten wieder einziehen.

Die vier Kühe und der kleine Ludwig trompeten bis dahin in einem Provisorium hinter dem Elefantenhaus. Der einzige Bulle wurde nach Hamburg verliehen, er soll aber nach Hellabrunn zurückkehren. Von außen soll das sanierte Haus weitgehend aussehen wie bisher. Innen aber findet eine Luxussanierung statt. Früher mussten sich die Elefanten den Platz teilen mit Giraffen und Pinselohrschweinen, bald können sie sich alleine breit machen.

Ein Gerüst führt zur Kuppel hinauf, die gesprengt werden muss, weil das Haus einsturzgefährdet ist. (Foto: Stephan Rumpf)

Vor der Sprengung muss noch trainiert werden. Die Dickhäuter sollen von ihren Pflegern mit Krach auf den Explosionslärm vorbereitet werden. Scheitzeneder setzt ein Grinsen auf. "Wenn die Elefanten richtig lostrompeten", sagt er, "dann ist das lauter als unsere Sprengung."

Das 1914 errichtete Gebäude wurde im Herbst 2010 gesperrt, nachdem Teile der Rabitzdecke eingestürzt waren. Bei der anschließenden Prüfung der Bausubstanz stellte sich heraus, dass die Zugfestigkeit des Stahls gefährlich nachgelassen hat. Es sei ein "langes Ringen" mit den Behörden gewesen, sagt Tierpark-Projektleiterin Ilonka Rieser, die historische Kuppel trotz Denkmalschutzes sprengen zu dürfen. Statt aus Stahlbeton wird die neue Kuppel nun aus Stahl konstruiert. Dem, so heißt es, können die beißenden Urindämpfe nichts anhaben.

© SZ vom 16.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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